- Die politischen Diskussionen und Versprechungen überschlagen sich nach dem Brücken-Einsturz in Genua.
- Die Regierung in Rom nimmt den Autobahnbetreiber Autostrade per l'Italia unter die Lupe.
- An der Unglücksstelle waren in der Nacht noch Hunderte Rettungskräfte im Einsatz.
Der Autobahnbetreiber hat nun 15 Tage Zeit, um nachzuweisen, dass es alle vertraglichen Verpflichtungen bezüglich der ordnungsgemässen Funktion der Brücke und der Vermeidung von Unfällen erfüllt habe, erklärte das Verkehrsministerium. Es richtete eine Kommission ein, die technische Überprüfungen und Analysen an der eingestürzten Brücke durchführen soll.
Die Ergebnisse der Arbeit sollen laut einer Mitteilung des Ministeriums dazu dienen, über eine mögliche Entziehung der Lizenz für den privaten Autobahnbetreiber zu entscheiden.
Forderung nach unverzüglichem Wiederaufbau
Sollten die Auskünfte als unzureichend eingestuft werden, wäre dies ein Bruch der Konzessionsbedingungen. Die Muttergesellschaft Atlantia wurde aufgefordert, sofort den Wiederaufbau der Brücke auf eigene Kosten anzugehen. Auch für den Wiederaufbau der unter der Brücke zerstörten Gebäude müsse Atlantia aufkommen.
Der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Edoardo Rixi, und Regionalpräsident Giovanni Toti kündigten am Donnerstag an, dass im kommenden Jahr ein neuer Viadukt anstelle des zusammengebrochenen stehen solle.
Atlantia wird von der Familie Benetton kontrolliert. Das Unternehmen besitzt 88 Prozent am grössten Betreiber mautpflichtiger Strassen in Italien.
Nächtliche Sucharbeiten erfolglos
An der Unglücksstelle waren auch in der Nacht noch Hunderte Rettungskräfte im Einsatz, um nach Vermissten zu suchen. «Es könnte noch 10 bis 20 vermisste Personen geben», erklärte der leitende Staatsanwalt Francesco Cozzi. Die Chancen, Überlebende zu finden, sind fast drei Tage nach der Tragödie aber schwindend gering.
Die vorläufige Opferbilanz: Mindestens 38 Tote. Unter den Opfern sind auch drei Minderjährige im Alter von 8, 12 und 13 Jahren. 15 Menschen sind der Präfektur zufolge verletzt, neun von ihnen befinden sich noch immer in einem kritischen Zustand.
Am Samstag um 11.30 Uhr soll ein Staatsbegräbnis für die Opfer stattfinden.
Aus Sicherheitsgründen waren insgesamt 13 Wohnhäuser evakuiert worden. 558 Menschen verloren der Präfektur zufolge ihr Zuhause. 117 seien in Hotels oder bei Privatleuten untergebracht.
Sicherheitsauflagen der EU
Die EU-Kommission wie abermals Aussagen des italienischen Innenministers Matteo Salvini zurück, wonach Brüsseler Sparvorgaben für die marode Infrastruktur des Landes mitverantwortlich sein könnten. EU-Staaten könnten politische Prioritäten im Rahmen der geltenden Haushaltsregeln selbst festlegen, so ein Sprecher. Die Morandi-Brücke sei Teil eines europäischen Fernstrassennetzes und unterliege deshalb besonderen Prüf- und Sicherheitsauflagen der EU. Verantwortlich für die Umsetzung seien die italienischen Behörden.