Tagelanger Regen führt in Australien zu den schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten. Premierminister Scott Morrison spricht gar von einer Jahrhundertflut. Besonders betroffen ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat New South Wales mit Sydney als Hauptstadt. Die Journalistin Esther Blank berichtet aus Sydney über die aktuelle Lage.
SRF News: Wie ist die Situation im Katastrophengebiet zur Stunde?
Im Moment ist es die reinste Sintflut draussen. Der Starkregen vor dem Haus hört sich manchmal an wie ein Wasserfall. Und die Flüsse, an denen die Menschen in den Vororten von Sydney und überall in New South Wales leben, steigen immer noch rasant. Hier spricht man bereits von einer Jahrhundertflut. In der Gegend von Port Macquarie zum Beispiel hat es mancherorts in sechs Tagen fast 900 Liter pro Quadratmeter geregnet.
Was jedoch erstaunt: Es gibt bisher keine offiziellen Todesopfer zu beklagen. Gibt es dafür eine Erklärung?
Die Australier sind an Wetterextreme gewöhnt, an Katastrophen, die man bewältigen muss. Und der Katastrophenschutz mit Tausenden von Freiwilligen tritt sofort automatisch an, wenn es Katastrophen gibt. Und die Australier sind auch sehr daran gewöhnt, auf ihre Nachbarn zu achten, dass nicht jemand vergessen wird, wenn eine Flut oder ein Feuer kommt. Und das alles konnten sie üben, schon dieses Jahr und im vergangenen Jahr bei den schrecklichen Buschbränden, die genau diese Gemeinden heimgesucht haben, die jetzt auch wieder betroffen sind.
Jetzt ist die Rede von einer Jahrhundertflut. Sie haben gesagt, der Katastrophenschutz funktioniere ganz ordentlich. Kann man trotzdem sagen: Bisher Glück gehabt?
Ja, natürlich. Die Leute bemühen sich, sich um ihre Nachbarn zu kümmern und Menschen zu retten. Nicht nur Menschen: Es werden überall auch erschöpfte Tiere wie Pferde oder Kühe aus dem Wasser gezogen. Selbst in Städten, die eigentlich nichts mit Landwirtschaft zu tun haben.
Die Überschwemmungen werden nicht aufhören, sondern noch schlimmer werden.
Doch natürlich kann man nicht erwarten, dass das weiter so geht. Die Premierministerin von New South Wales sagte, man müsse mit Schlimmerem rechnen, denn es kommen zwei Wettersysteme zusammen in den nächsten Tagen. Dann wird es noch einmal ganz schlimm werden. Und das Wasser hat natürlich schon überall den Höchststand erreicht und der Boden ist völlig gesättigt. Dadurch werden die Überschwemmungen nicht aufhören, sondern noch schlimmer werden.
Das Gespräch führte Samuel Wyss.