- In Paris und anderen Städten Frankreichs haben am Abend Kundgebungen gegen Antisemitismus stattgefunden.
- Auslöser war die Schändung von Gräbern auf einem jüdischen Friedhof im Elsass.
- Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte daraufhin ein entschlossenes Vorgehen gegen den Antisemitismus an.
«Wir werden Massnahmen ergreifen, wir werden Gesetze entscheiden, und wir werden bestrafen», sagte Macron bei einem kurzfristig angesetzten Besuch in Quatzenheim nordwestlich von Strassburg.
Nach Angaben der Präfektur waren dort rund 80 Gräber geschändet worden. Auf Fernsehbildern waren Hakenkreuze auf Grabmälern zu sehen.
Demonstrationen im ganzen Land
Tausende Menschen demonstrierten am Abend in Paris und in anderen Landesregionen gegen Antisemitismus. An der Kundgebung auf der Place de la République in Paris hielten Demonstranten Schilder mit der Aufschrift «ça suffit» (es reicht) in die Höhe.
Regierungschef Edouard Philippe und zahlreiche Minister nahmen an der Kundgebung in der Hauptstadt teil. Macron begab sich am Abend mit den Präsidenten der Nationalversammlung und des Senats zur Schoah-Erinnerungsstätte in Paris.
Debatte über Antisemitismus
In Frankreich läuft eine breite Debatte über Antisemitismus. Die Zahl der Vorfälle gegen Juden war im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen. Erst am Wochenende war der Schriftsteller und Philosoph Alain Finkielkraut am Rande einer «Gelbwesten»-Demonstration in Paris beschimpft worden.
In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass es in Frankreich im vergangenen Jahr 541 antisemitische Vorfälle gab – fast 74 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Die Zahlen lösten Empörung aus. Innenminister Christophe Castaner sprach davon, dass sich der Antisemitismus «wie ein Gift» ausbreite.
Israel äussert sich schockiert
In Israel nannte Regierungschef Benjamin Netanjahu die Schändung der Gräber durch «wilde Antisemiten» schockierend. Er rief die Spitzenpolitiker Frankreichs und Europas in einer Mitteilung dazu auf, entschlossen gegen Antisemitismus vorzugehen.
Der israelische Einwanderungsminister Joav Gallant erklärte, die Grabschändung in Frankreich erinnere an dunkle Tage in der Geschichte des jüdischen Volkes. Er rief Juden auf: «Kommt nach Hause, emigriert nach Israel.»
Mehr Aufklärung gefordert
Diese kollektive Verurteilung des Judenhasses müsse ein Echo haben, sagt dazu SRF-Korrespondentin Alexandra Gubser in Paris. Denn eines von fünf Kindern in Frankreich habe keine Ahnung vom nationalsozialistischen Völkermord an den Juden. «Darum braucht es Aufklärung und Schulung. Und es braucht auch eine konsequentere Anwendung von bestehendem Recht.»
Darum habe der Premierminister heute durchblicken lassen, es gebe Bestrebungen im Parlament, dass man die sozialen Plattformen stärker in die Verantwortung nehmen wolle, weil auf diesen sozialen Netzwerken der antisemitische Hass ungefiltert verbreitet werde.