Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern und der französische Präsident Emmanuel Macron als Vorsitzender der G7-Staaten haben in Paris den «Appell von Christchurch» lanciert. Genau zwei Monate nach dem Terrormassaker in Neuseeland werden damit neue, strengere Regeln für die Medienberichterstattung über Terroranschläge definiert.
Für Ardern steht fest: Das Massaker, das ein Rechtsextremer Mitte März im neuseeländischen Christchurch verübte, war gezielt für die maximale weltweite Verbreitung über die Medien konzipiert, vor allem über Online-Medien.
Seither kämpft sie für strengere Regeln in der Berichterstattung über Terroranschläge. Wohlwissend, dass Neuseeland allein zu wenig Gewicht auf die Waage bringt, suchte sie nach Verbündeten. Und fand sie, etwa in der britischen Premierministerin Theresa May, im EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, im kanadischen Premier Justin Trudeau und vor allem in Emmanuel Macron, dessen Land zurzeit den Vorsitz der Gruppe der G7-Staaten innehat.
Ausserdem in Uno-Generalsekretär Antonio Guterres: Er begrüsst Arderns Initiative und ergänzt sie mit einem Uno-weiten Programm gegen «Hass-Reden».
Einen Erfolg errang der «Appell von Christchurch» schon, bevor die ersten Regierungschefs ihn unterschrieben. Facebook, das zusammen mit Microsoft, Google oder Twitter an dem Treffen in Paris dabei ist, kam nämlich gleich mit der Zusage, seine Regeln zu verschärfen: Etwa Nutzer befristet zu sperren, die Links zu terroristischen Inhalten weiterleiten und generell jegliche Livevideos von terroristischen Anschlägen zu unterbinden.
Jacinda Ardern nennt das einen «guten ersten Schritt» und sieht es als Erfolg, dass erstmals Regierungschefs und Spitzenvertreter der Internetriesen miteinander über die Terrorismusbekämpfung reden.
Es geht aber nicht nur um digitale Medien, sondern auch um traditionelle. Sie sollen verpflichtet werden, der Selbstdarstellung von Terroristen keinen Raum zu geben. Ihre Namen sollen nicht genannt, ihre Porträts nicht abgebildet werden. Und jegliche Publikationen von Lebensgeschichten sind zu vermeiden, die Attentäter bei Terrorsympathisanten zu Helden stilisieren könnten. SRF hat sich selber entsprechende Regeln gegeben.
Kritiker des «Appells von Christchurch» wenden ein, solche Richtlinien, sollten sie denn in den einzelnen Ländern zu Gesetzen werden, seien im Internet technisch schwer durchzusetzen. Sie beklagen, dass an die Stelle von Selbstverpflichtungen von Medien staatliche Vorschriften treten. Zudem würden autoritäre Staaten den Appell missbrauchen, um ihren Medien Maulkörbe anzulegen, weshalb letztlich die Medienfreiheit weiter eingeschränkt werde.
Amerikaner sind skeptisch
Die neuseeländische Premierministerin hat dafür wenig Verständnis. Natürlich sei die Meinungsäusserungsfreiheit unverzichtbar. Es gehe hier aber nicht um diese, es gehe darum, Terrorattacken zu verhindern.
Emmanuel Macron wird den Appell in den G7-Gipfel im August in Biarritz einbringen. Die meisten G7-Mitglieder stehen dahinter, die Amerikaner jedoch sind skeptisch gegenüber einem solchen Gipfelbeschluss. Zu den Erstunterzeichnern in Paris wollte US-Präsident Donald Trump schon mal nicht gehören.