US-Präsident Donald Trump hat bekannt gegeben, er habe sich mit dem Coronavirus infiziert – und hat sich sofort in Isolation begeben. Laut seinem Leibarzt kann Trump seinen Pflichten «ohne Unterbruch» nachgehen. Doch die Infektion mit Covid-19 hat auf alle Fälle Auswirkungen auf den Wahlkampf in den USA, sagt der ehemalige SRF-USA-Korrespondent Arthur Honegger.
SRF News: Der Wahlkampf in den USA ist in der heissen Phase. Was sind die konkreten Auswirkungen der Nachricht von Donald Trump – ist zum Beispiel überhaupt mit weiteren Debatten mit seinem Konkurrenten Joe Biden zu rechnen?
Arthur Honegger: Das ist offen – es bleiben noch 13 Tage bis zur nächsten Debatte. Bei einem optimalen Krankheitsverlauf könnte Trump bis dahin wieder gesund sein. Ich denke trotzdem nicht, dass diese zweite Debatte wie geplant stattfinden wird. Vorgesehen ist nämlich, dass das Publikum Fragen stellen kann. Die Bürger einer potenziellen Ansteckung auszusetzen, wäre fahrlässig. Auch wird das Team von Joe Biden, der ja ebenfalls Risikoperson ist, darauf bedacht sein, dass er so gut geschützt wird wie möglich. Vielleicht bietet sich darum ein virtuelles Format an – für die zweite und die dritte Debatte. Was den Rest des Wahlkampfs angeht, wird Trump solange er wohlauf ist über Twitter und mit direkten Anrufen in TV-Shows dafür sorgen, dass er im Gespräch bleibt.
Was hat die Infektion des US-Präsidenten für Auswirkungen auf die Wahlchancen? Ist das eher negativ für ihn oder kann es auch positiv sein – gerade dann, wenn er die Infektion einigermassen schadlos überstehen sollte?
Das hängt voll und ganz vom Krankheitsverlauf ab – dazu kann man noch nichts sagen. Die unmittelbarste Folge jedoch ist klar: Das Thema Corona bleibt im Wahlkampf dominant. Und der Umgang mit der Pandemie ist der Punkt, der Trump im Wahlkampf am meisten geschadet hat. Jetzt wird die Diskussion darum um ein Kapitel reicher, sie verlagert sich nicht auf Themen, wo Trump punkten kann – die Sicherheit in den Städten etwa, seine Wirtschaftsbilanz vor Covid-19 oder auch die Wahl einer neuen konservativen Richterin an den Supreme Court.
Im Moment heisst es, Donald Trump gehe seinen Amtsgeschäften nach. Was würde nun passieren, wenn er ausser Gefecht gesetzt würde? Wann müsste Vizepräsident Mike Pence übernehmen?
Die Entscheidung darüber liegt beim Präsidenten. Es ist in der Geschichte schon mehrfach vorgekommen, dass der Vize übernimmt – zuletzt 2007 bei einer Operation von George W. Bush. Sollte der Präsident stark erkranken, die Amtsgeschäfte aber dennoch nicht abgeben wollen, gibt es noch den 25. Verfassungs-Zusatz. Demnach kann der Vize mit einer Mehrheit des Kabinetts beschliessen, dass der Präsident nicht amtsfähig ist und dann übernehmen.
Was würde das für den Wahlkampf und die Wahl bedeuten?
Mike Pence ist genau wie Donald Trump durch den Parteitag nominiert –insofern hat er die gleiche Legitimation als Kandidat. Je nach Verlauf von Trumps Erkrankung werden sich die Wählerinnen und Wähler in den USA bewusst sein, ob sie am 3. November für eine Trump-Präsidentschaft stimmen oder de facto für eine Pence-Präsidentschaft, egal welcher Name oben auf dem Wahlzettel steht.
Mike Pence ist genau wie Donald Trump durch den Parteitag nominiert – insofern hat er die gleiche Legitimation als Kandidat.
Im Internet kursieren die wildesten Gerüchte – so soll die Infektion inszeniert sein. Was halten Sie von so etwas?
Gar nichts. Es ist gar nicht so leicht, so eine Erkrankung zu inszenieren: Da müssten extrem viele Personen involviert sein, medizinisches Fachpersonal ebenso wie höchste Behördenvertreter. Das Risiko, dass ein Schwindel ans Licht käme, wäre viel zu gross. Das wichtigste ist nun, dass die Öffentlichkeit korrekt über den Gesundheitszustand des Präsidenten informiert wird.
Donald Trump wird die absolut beste medizinische Betreuung bekommen, die es gibt.
In der Vergangenheit wurde dieser öfters beschönigt – etwa zu Zeiten von Kennedy. Was sich mit Sicherheit sagen lässt: Donald Trump wird die absolut beste medizinische Betreuung bekommen, die es gibt. So kann man durchaus hoffen, dass er bald wieder gesund ist und das Finale im Wahlkampf fit bestreiten kann.
Das Gespräch führte Matthias Schmid.