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Dänische Ex-Ministerin vor Gericht
Aus Rendez-vous vom 02.09.2021. Bild: Imago
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Dänische Einwanderungspolitik Ehemalige Ministerin Inger Støjberg sitzt auf der Anklagebank

In Kopenhagen tritt das Staatstribunal zusammen – zum ersten Mal seit Jahrzehnten. Grund ist eine umstrittene Anweisung.

Am Anfang stand eine Pressemitteilung der damaligen dänischen Einwanderungsministerin. Am Ende könnte die vom Parlament angeklagte Inger Støjberg zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt werden. Es geht dabei um das heisseste Eisen der dänischen Politik der letzten 20 Jahre: um die Ausländer- und Einwanderungspolitik.

Sie wurde während vielen Jahren von der weit rechtsstehenden nationalistischen Dänischen Volkspartei geprägt – und von Politikerinnen und Politikern anderer Parteien wie der langjährigen Einwanderungsministerin Inger Støjberg, die noch bis vor kurzem Vizepräsidentin der liberalen Partei war.

In ihre Amtszeit fallen über 50 Verschärfungen der dänischen Einwanderungspolitik, darunter etwa auch das sogenannte Schmuckgesetz, das es den Behörden erlaubt, Schmuck und Bargeld von Asylbewerbern zu konfiszieren – gewissermassen als Vorauszahlung für spätere Sozialleistungen.

Zu Missachtung von Gesetz aufgerufen

Für Støjberg nahm das Ende der politischen Laufbahn aber nicht wegen eines neuen Gesetzes den Anfang, sondern wegen einer Anweisung an die zuständigen Einwanderungsbehörden, ein bestehendes Gesetz nicht mehr zu beachten. Das ist auf jeden Fall die Einschätzung einer grossen Mehrheit des dänischen Parlaments: Es beschloss deshalb im Frühjahr, die 48 Jahre alte Ex-Ministerin vor ein Staatstribunal zu stellen.

Das sei ein historischer Entscheid, erklärt Politikanalytiker Hans Redder: «Zum ersten Mal seit fast 40 Jahren muss ein Exekutivmitglied vor dieses Sondergericht.» Er weist darauf hin, dass in den kommenden Monaten nicht weniger als 30 Richterinnen und Richter darüber zu befinden haben, ob die Anklagepunkte der Parlamentsmehrheit stichhaltig genug sind, um die Ex-Ministerin für bis zu zwei Jahre ins Gefängnis zu schicken.

Trennung von Paaren an der Grenze

Konkret hatte Støjberg in einer Medienmitteilung im Januar 2016 darauf hingewiesen, dass Asylbewerberpaare, in denen ein Elternteil unter 18 Jahre alt ist, bei der Einreise getrennt werden sollen – und ohne Rücksprache und Ausnahme. Das wurde dann auch in 28 Fällen so umgesetzt. Damit wurde gegen sowohl geltendes dänisches wie auch europäisches Recht verstossen.

Ich bin mir bewusst, dass ich mit diesem Prozess Geschichte schreiben werde. Aber ich weiss auch, dass ich nichts Falsches gemacht habe.
Autor: Inger Støjberg Ehemalige Einwanderungsministerin

Doch Støjberg betonte heute Vormittag bei der Eröffnung des Staatstribunals, dass sie einfach nur falsch interpretiert worden sei. «Ich bin mir bewusst, dass ich mit diesem Prozess Geschichte schreiben werde. Aber ich weiss auch, dass ich nichts Falsches gemacht habe», betonte sie vor dem Gerichtsgebäude, das für die kommenden drei Monate in einem ehemaligen Lagergebäude am Kopenhagener Hafen eingerichtet worden ist.

Støjberg selbst scheint die Hoffnung auf ein politisches Comeback noch nicht abgeschrieben zu haben: Im Internet hat sie eine Seite eingerichtet, auf der sich Interessierte gegen Bezahlung täglich die Sicht der Angeklagten zu Gemüte führen können. Ein Urteil in dem historischen Gerichtsprozess wird Anfang Dezember fallen. 

Rendez-vous, 02.09.2021, 12:30 Uhr

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