Das Wichtigste in Kürze
- Fake News, Lügenpresse, Schmierenjournalismus – alles Begriffe, die den Medien schaden und ihr höchstes Gut, die Glaubwürdigkeit, zerstören.
- Doch die Angriffe von Donald Trump und anderen Politikern sind auch eine Chance für den Qualitätsjournalismus, wie das Beispiel der britischen BBC zeigt.
Es ist noch nicht lange her, da stand die britische BBC unter Druck. Da gab es Kinderschänder-Skandale um zwei Star-Moderatoren und Rassismus-Vorwürfe gegen einen dritten. Es gab sehr laute Kritik an überzogenen Gehältern für einzelne Aushängeschilder.
Nicht zuletzt machte die konservative, dem Murdoch-Medienkonzern nahestehende Regierung von David Cameron mächtig Druck auf die «Alte Tante». Denn die bald hundertjährige British Broadcasting Corporation war Cameron zu unabhängig, zu kritisch und mit 20‘000 Mitarbeitern auch schlicht zu gross.
Wir erleben eine riesige Unterstützung für die BBC wie auch für die Rundfunkgebühr.
Davon ist kaum noch was zu spüren unter der Regierung von Theresa May. Denn diese weiss: Die BBC geniesst inzwischen laut vielen Umfragen wieder soliden Rückhalt in der Öffentlichkeit. Die Chefin von BBC World News, Mary Hockaday, spricht von «riesiger Unterstützung» für das Unternehmen wie auch für die Rundfunkgebühr.
In Zeiten des Informationskriegs und des Informationsschrotts sei das Bedürfnis nach einem guten, verlässlichen Angebot stark gestiegen. Sie höre das verstärkt, auch wieder von jungen Leuten, sagt Hockaday. «Das Publikum schätzt zwar die Angebotsvielfalt im Internet, verlangt aber auch nach verlässlichen Quellen und will zwischen Fakten und Fiktion unterscheiden können.»
Auch andere Qualitätsmedien feiern Comeback
Nicht nur bei der BBC stellt man fest, dass die Wertschätzung des Publikums steigt. Nach der Brexit-Entscheidung wuchs bei der «Financial Times» die Auflage. Seit der Wahl von Donald Trump legen in den USA der «Boston Globe», die «Washington Post» und vor allem die «New York Times» zu. Letztere gewann – nach Jahren des Niedergangs – gegen 300‘000 neue Abonnenten.
Die 54-jährige Hockaday arbeitet seit über drei Jahrzehnten für die BBC. Sie war Korrespondentin in Osteuropa. Sie koordinierte die Berichterstattung über den Irak-Krieg, Afghanistan und 9/11. Sie prägte die Neugestaltung des Nachrichtenzentrums. Der öffentliche Auftrag gehört bei ihr quasi zur DNA.
Vorsicht bei Gerüchten
«Die Welt braucht Journalismus nach Service-public-Prinzipien. Genauigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz stehen hier im Zentrum», ist Hockaday überzeugt. Transparenz heisse inhaltlich zum Beispiel, dass bei Gerüchten Vorsicht geboten sei: «Wenn etwas nicht gesichert ist, muss man das dem Publikum sagen. Wird etwas hochgespielt, ist Zurückhaltung geboten.»
Als Beispiel nennt sie die angeblichen Prostituiertenaffäre von Donald Trump in Moskau. Ausserdem müsse die BBC stets darlegen, was sie tue, warum sie es tue, wie sie es tue: Gegenüber der Regierung, dem Parlament, der Aufsichtsbehörde und vor allem gegenüber dem Publikum. «Das Publikum kann sich auf verschiedenste Art bei uns beschweren und tut dies auch. Wir geben immer Antwort.»
Die Welt braucht Journalismus nach Service-public-Prinzipien: Genauigkeit, Unparteilichkeit und Transparenz.
Diese Transparenz gilt aber auch in geschäftlichen Belangen. Wer wissen will, was Hockaday verdient, findet das auf der BBC-Webseite. Man kann dort sogar jeden ihrer Spesenbelege einsehen.
Die Flut an Lügen, Gerüchten und sogenannten «alternativen Fakten» ist für Redaktionen wie jene der BBC eine Herausforderung und Belastung. Es wird immer aufwendiger die Spreu vom Weizen zu trennen. Gleichzeitig ist es laut Hockaday auch eine grosse Chance und eine Herausforderung. Kein Wunder, dass sie keine Angst um die Zukunft der BBC hat.