Worum geht es? Eine israelische Firma hat nach Angaben von investigativ arbeitenden Reporterinnen und Reportern gegen Bezahlung weltweit Wahlen manipuliert. Kunden des sogenannten Team Jorges stammen aus Wirtschaft und Politik. Die einstigen Militärs und Agenten des «Team Jorge» setzen gezielt Fake News und Hacking-Methoden ein. Das zeigt die Recherche der Investigativredaktion «Forbidden Stories».
Wie kam der Kontakt zustande? Ein französischer und zwei israelische Journalisten haben über Mittelsmänner und Empfehlungen Kontakt mit «Team Jorge» aufgenommen. Um glaubhaft zu sein, erfanden sie eine Legende. Dies berichtet Oliver Zihlmann. Er ist Co-Leiter des Recherchedesks von Tamedia. «Sie haben sich als Berater eines reichen Geschäftsmannes ausgegeben, der eine Wahl in Afrika verschieben möchte.»
Worauf stützen sich die Berichte? Die Informationen basieren auf sechs Stunden heimlich aufgenommener Gespräche. Darin stellen der Firmenchef und sein Team ihren Service vor. Die Journalisten hätten das «Team Jorge» fünfmal in einem Videocall und später in Israel getroffen. Nicht alle Behauptungen können allerdings unabhängig überprüft werden. Und der Firmenchef wies jegliches Fehlverhalten zurück.
Wo war «Team Jorge» tätig? Das Team habe sich bisher in 33 nationale Wahlkämpfe und Abstimmungen eingemischt, unter anderem in Kenia und Nigeria, heisst es. 27 der Einsätze seien erfolgreich gewesen, hört man den Firmenchef in der Aufnahme sagen.
Wie agiert die Gruppe? Das Team kontrolliere eine «Armee» von mehr als 30’000 Bots, berichtet der britische «Guardian». Nach eigenen Angaben ist «Team Jorge» auch in der Lage, Telegram und Gmail zu hacken. Für die Manipulation auf sozialen Medien habe das Team eine Plattform namens Aims entwickelt, mit der man verifizierte Nutzerkonten schaffen könne. Mithilfe von Schmutzkampagnen und gestohlenen Informationen werde die öffentliche Meinung gezielt beeinflusst.
Welchen Service bietet die Gruppe an? Mittels Powerpoint-Präsentationen habe das «Team Jorge» den Journalisten sein Angebot präsentiert, berichtet Oliver Zihlmann. «Eines davon heisst D-Day. So nennen sie den Wahltag. Da sei zum Beispiel ‹Voter suppression› möglich. Sie könnten versuchen, die Wahlbeteiligung des Gegners kleinzuhalten, um ein enges Resultat womöglich noch drehen zu können. Oder sie können am Wahltag grosse Mengen von kompromittierenden Daten leaken. Und somit versuchen, in die News zu kommen und Chaos bei der Wahl zu stiften.»
Wie viel kostet der Service? Für seine Dienstleistungen fordere der Firmenchef zwischen rund 400’000 und 600’000 Euro im Monat. Ein massiver Einsatz am Wahltag könne 6 Millionen Euro kosten, das «Begleiten» einer ganzen Präsidentschaftskampagne gar 15 Millionen. Das sagt der Co-Leiter des Tamedia-Recherchedesks entsprechend der Recherche.
Könnte auch die Schweiz betroffen sein? Ja, vermutet Zihlmann. «Ein Söldner aus Israel hat beispielsweise damit geprahlt, dass er einen Brief von einem Schweizer Banker gefälscht habe, um einen Minister unter Druck zu setzen. Oder sie können falsche Profile mit Schweizer Adresse und E-Mail in den sozialen Medien erstellen. Die Schweiz ist auf jeden Fall Teil solcher möglichen Manipulationsoperationen und kann ins Kreuzfeuer geraten.»