Darum geht es: Trotz des Shutdowns sind in den letzten Tagen Tausende griechische Studenten auf die Strasse gegangen. Sie wehren sich gegen Pläne der konservativen Regierung, eine Hochschulpolizei einzuführen. Seit dem Fall der Militärjunta 1974 waren Hochschulen in Griechenland per Gesetz polizeifreie Zonen. Dafür sorgte das sogenannte «Hochschulasyl»: Die Polizei durfte nur bei schweren Verbrechen auf Unigelände eingreifen. Künftig sollen zunächst an den vier grössten Unis des Landes 1000 Polizisten mit Schlagstöcken und Pfefferspray bewaffnet patrouillieren und illegales Treiben unterbinden.
Mehr Sicherheit: Die Regierung will mit der Hochschulpolizei gegen Drogenhandel vorgehen, aber auch Linksextreme im Zaum halten, die beispielsweise Auftritte von ihnen nicht genehmen Politikern oder Wirtschaftsvertretern an den Hochschulen verhindern. Die Hochschullehrer ihrerseits sprechen dabei von Einzelfällen, die keineswegs repräsentativ für die Lage an den Hochschulen seien. Auch sie stellen sich gegen eine Hochschulpolizei und argumentieren, die Sicherheit in den Unis könnte durch gewöhnliches Security-Personal sichergestellt werden.
Erschwerte Protest-Bedingungen: Dass die Gesetzesvorlage ausgerechnet jetzt im Parlament zur Abstimmung kommen soll – mitten im Shutdown mit Ausgangssperre, wegen der auch Demonstrationen untersagt sind – verärgert die Studenten zusätzlich. «Sie sehen darin einen Versuch der Regierung, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen», sagt die in Athen lebende Journalistin Rodothea Seralidou. Die Proteste gegen die Reform wären unter normalen Umständen wohl viel grösser. Denn wer derzeit ohne triftigen Grund auf die Strasse geht, riskiert eine Busse. Die Regierung ihrerseits sagt, die Pandemie dürfe ihre Reformpläne nicht stoppen.
Bevölkerung steht hinter der Reform: «Laut Umfragen sind knapp 60 Prozent der Griechinnen und Griechen für die Einführung einer Hochschulpolizei», sagt Seralidou. Wer also im Alltag nicht direkt mit einer Uni zu tun habe, unterstütze die Regierungspläne. Das sei zu einem grossen Teil wohl darin begründet, dass die Konservativen die griechische Hochschullandschaft seit langem eine «Hochburg der Illegalität» bezeichneten. Entsprechend berichteten auch die konservativen Medien über angebliche Missstände an den Unis. «Das blieb bei den Leuten hängen», so die Journalistin.