Liliana Segre, Jüdin aus Mailand, ist eine wichtige Zeitzeugin. 1930 geboren, wollte sie 1943 vor der Verfolgung durch Nazis und Faschisten nach Lugano fliehen. An der Grenze aber wiesen sie Schweizer Grenzwächter zurück. Wenig später wurde sie 14-jährig nach Auschwitz deportiert. Und überlebte. Seither kämpft Segre mutig und unermüdlich gegen das Vergessen und gegen Rassismus.
Ich bin zu einem Symbol geworden, das stört.
Genau dieser Kampf löst nun, 75 Jahre nach dem Ende des italienischen Faschismus, erneut viel Hass aus. «Ich bin zu einem Symbol geworden, das stört», sagte Segre vor Kurzem in der kleinen Parlamentskammer, der sie wegen ihrer grossen Verdienste als Senatorin auf Lebenszeit angehört.
Der Hass gegen Segre zeigt sich seit Tagen in den sogenannt sozialen Medien. Dort hagelt es Schmähungen, Drohungen, auch Morddrohungen gegen die Holocaust-Überlebende.
Rechte gegen Antirassismus-Motion
Auslöser der verbalen Gewalt war ein Vorstoss Segres im Senat. Sie forderte, eine Parlamentskommission gegen den Rassenhass einzurichten. Ein Vorstoss, dem die Fünf Sterne und die Linke zustimmten, den aber die gesamte Rechte ablehnte. Matteo Salvinis Lega, Silvio Berlusconis Forza Italia und die rechtsnationalen Fratelli d'Italia versuchten vergeblich, diese Kommission zu verhindern.
In Italien kommt es oft und schnell vor allem zu verbaler Gewalt. Auch im Parlament. Roberto Calderoli, ein Senator der Lega, bezeichnete einst die erste Ministerin schwarzer Hautfarbe öffentlich als Orang-Utan.
Rassismus gibt es aber auch fast jeden Sonntag bei Fussballspielen. Zuletzt bei einem Match in Verona: Rechtsextreme Tifosi des Clubs Hellas Verona buhten Mario Balotelli aus. Nur weil Balotelli, der für Italiens Nationalelf schon entscheidende Tore schoss, schwarzer Hautfarbe ist.
Viele fordern nun, dass Fussballspiele, in denen rassistisch gebrüllt wird, sofort abgebrochen werden. Zu den Opfern von Pöbeleien oder Schmähungen gehören Juden, Schwule, und wie die Attacke auf Balotelli zeigt: auch Afrikanerinnen und Afrikaner, die als Flüchtlinge oder Migranten ins Land kamen. Seit die Grenzen zu sind, bleiben viele dauerhaft in Italien.