Wahlabend in Neuseeland, 14. Oktober 2023: Die Siegesveranstaltung der Nationalpartei ist eine Glitzershow, bis ins letzte Detail geplant. Jede Scheinwerfereinstellung, jede Note der Musik sitzt. Dann tritt der Star auf die Bühne: Chris Luxon, ein athletisch gebauter Mittfünfziger mit Vollglatze und perfektem Lachen. Der neue Premierminister verkündet den Sieg der Nationalpartei. «Ihr habt nach der Hoffnung gegriffen, und ihr habt Wechsel gewählt.»
Der Ex-Chef der Fluglinie Air New Zealand ist ein Mann, der weiss, wie man verkauft, auch sich selbst. Nach sechs Jahren unter der sozialdemokratischen Labourpartei übernimmt der Manager die Führung Neuseelands, als wäre das Land ein Konzern.
Ein klassischer Neoliberaler
Laut einigen Quellen ist Luxon ein klassischer konservativer Anhänger neoliberalen Denkens: individuelle Freiheit statt Staat, weniger Steuern, Shareholder-Value. So einfach sei das aber nicht, sagt die Korrespondentin der Tageszeitung «The Guardian», Eva Corlett, in Wellington in einem Podcast. Denn erstaunlich wenige Leute würden den neuen Premierminister wirklich kennen.
Luxon war erst in seiner ersten Amtsperiode als Parlamentsabgeordneter, als er für den Spitzenposten kandidierte. Man wisse, dass er verheiratet sei und zwei erwachsene Kinder habe. Und dass er kein Karrierepolitiker sei, sondern ein Geschäftsmann.
Sein Lebenslauf liest sich wie der eines klassischen selbstgemachten Millionärs. Ihm gehören sieben Häuser, obwohl er aus einfachen Verhältnissen kommt. Schon als 12-Jähriger habe er Geschäftsmann werden wollen, sagt die Journalistin Corlett. Der Junge begann, Glace zu vermarkten, putzte Fenster und verkaufte Deodorant.
Nach dem Studium arbeitete er beim Industriekonzern Unilever. Unilever ist Hersteller von so unterschiedlichen Produkten wie Seife, Hühnerbouillon, und Deodorant. Nach 16 Jahren im Ausland kehrte er nach Neuseeland zurück. Zu Hause führte er die nationale Fluglinie von einem Erfolg zum nächsten.
Ein Haufen Probleme für Neuseeland
Dann folgte der Sprung in die Politik. Ex-Premierministerin Jacinda Ardern dankte Anfang Jahr überraschend ab. Die Sozialdemokratin hatte, wie sie damals meinte, nicht mehr genügend Benzin im Tank für den Job. Covid, ein Terroranschlag, ein Vulkanausbruch.
Nach fast sechs Jahren unter der zeitweise beliebtesten Spitzenpolitikerin der Welt hatte das Volk genug, von ihr und von der Labourpartei. Die zwar erfolgreichen, aber harten Massnahmen gegen die Pandemie werfen bis heute ihre Schatten. Nachdem das Land fast zwei Jahre lang abgeschottet war, droht Rezession. Teuerung, Hypothekenzinsen, die Wohnungsnot – alles eskalierte auch unter Arderns Nachfolger Chris Hipkins.
Kein Alkohol, kein Kaffee
Wie Chris Luxon diese Probleme lösen will, hat er im Detail nicht erklärt. Er überraschte Kritiker aber, weil er dem Klimaschutz hohe Priorität einräumen will, für einen neuseeländischen Konservativen eher untypisch. Die wenigen, die ihn kennen, zweifeln nicht an seiner Entschlossenheit. Er sei unglaublich diszipliniert. Kein Alkohol, kein Kaffee. Schlafen tut er nur wenig.
Er werde die Wirtschaft wieder aufbauen, versprach Luxon nach der Wahl, Steuern und Lebenshaltungskosten senken, Recht und Gesetz wiederherstellen. Und die Kinder sollten wieder besser lernen können, um das Leben leben zu können, das sie sich erträumen. Wie Luxon selbst, als er zwölf Jahre alt war.