Im Rust Belt verrotten leere Fabriken. Man findet sie in den Staaten Michigan, Ohio und Pennsylvania, wenn man den Flüssen und den Bahnlinien folgt. Der Niedergang der Region begann in den frühen 1980er-Jahren, als die Stahl- und Autoindustrie in den Süden der USA und in Tieflohn-Länder abwanderte.
Auch der Güter-Transport steht seit langem still. Auf einem Lokomotiven-Friedhof bei Youngstown, Ohio, stehen rund hundert Lokomotiven auf dem Abstellgleis und wachsen langsam zu.
Die Stahlstadt Monessen liegt im Südwesten von Pennsylvania, wo die Stahlindustrie ab dem späten 19. Jahrhundert blühte. Ein Schild am Ortseingang verspricht immer noch einen «Business District».
Einst betrieb das Stahlunternehmen Pittsburgh Steel drei Hochöfen in Monessen und beschäftigte 10'000 Arbeiter, die Stadt verkaufte sich als Vorzeige-Stadt. 1986 schloss das Stahlwerk, zwei Drittel der Bevölkerung wanderte auf der Suche nach neuen Arbeitsstellen ab. Die drastische Entvölkerung ab den 1980er-Jahren fand im ganzen Rust Belt statt. Heute befinden sich Armutsquoten und Sterblichkeitsraten auf dem Niveau eines Drittwelt-Lands.
In Monessen gibt es heute noch ein kleines Koks-Werk, das rund 300 Arbeitsstellen bietet. Die Fabrik faucht und brennt, Tag und Nacht; aus dem Schornstein sticht eine Flamme in den Himmel. Man kann erahnen, wie sehr das grosse Stahlwerk die Stadt am Monongahela-Fluss dominierte.
Auf der Hauptstrasse, der Donner Avenue, verrotten die Gebäude. Dieses hier war einst eine Bank, dann eine Drogerie, dann eine Ruine. In Monessen wähnt man sich bisweilen in einer Kriegszone.
Das einzige Geschäft an der Hauptstrasse ist ein Pasta-Shop, der aber nur mit dem Ausschank von Alkohol überleben kann. Er zeugt von den vielen italienischen Immigranten, die sich im Rust Belt niederliessen. Daneben stapeln sich im Lokal-Museum auf drei Stockwerken Dokumente und Exponate aus der glorreichen Vergangenheit der Stadt.
Selbst der Pfandleihladen ist geschlossen. Es ist wohl schon alles verpfändet, was Wert hat. Die meisten Bewohner sind heute Rentner oder Fürsorge-Bezüger.
Lou Mavrakis ist der ehemalige Bürgermeister von Monessen; er holte Donald Trump für eine Rede in die Stadt. Der 80-jährige Demokrat und Gewerkschaftsführer sagt, er habe auch Barack Obama und Hillary Clinton eingeladen, aber nicht einmal eine Antwort auf seine Schreiben erhalten.
Alle lügen, alle versprechen dir das Blaue vom Himmel.
«Wenigstens kam Trump», sagt Mavrakis. Aber auch Trump enttäuscht ihn, hoffte er doch auf finanzielle Hilfe aus Washington: 10 Millionen Dollar würden genügen, um den Zerfall zu stoppen und die Infrastruktur zu sanieren, meint er. Der Infrastruktur-Plan, den Trump während seines Wahlkampfs versprochen hatte, geniesst keine Priorität mehr in Washington. «Alle lügen, alle versprechen dir das Blaue vom Himmel», bilanziert Mavrakis.
Matt Sharrow heisst der neue Bürgermeister, auch er ist Mitglied der demokratischen Partei. Als resoluter Trump-Gegner gewann er die Wahlen in der Arbeiterstadt. Monessen war schliesslich die einzige Gemeinde im Bezirk Westmoreland, die Trump nicht wählte. Aber die Gegend verhalf Trump 2016 massgeblich zum Sieg, wie auch andere Bezirke im Rust Belt.
Sharrow hofft auf eine junge Generation, die nicht vergangenen Zeiten nachtrauert, und will junge Unternehmen anziehen – aber wie, weiss er auch nicht. Der 27-Jährige studierte zuvor Musikpädagogik. «Irgendwann kommen die Leute zu uns, weil sie billigen Lebensraum suchen, und dann müssen wir bereit sein», sagt Sharrow.
Die politische Atmosphäre ist vergiftet, ein weiterer Grund, weshalb die Gemeinde nicht vom Fleck kommt. In Monessen zerfleischen sich die Demokraten gegenseitig. An der Gemeindeversammlung fehlen drei Gemeinderäte, die anwesenden zwei haben einen Misstrauensantrag gegen den neuen Bürgermeister lanciert.
Seit vierzig Jahren amtierte kein Bürgermeister mehr für mehr als vier Jahre. «Monessen ist auf Fehden gebaut, und das hat mit dem Niedergang zu tun», sagt Kaylie Morre, eine Reporterin der Lokalzeitung «Monessen Valley Independent».
Der Zerfall im Rust Belt kann geisterhaft wirken – wie hier das Football-Stadion im Nachbarort von Monessen. Bis 2010 war es das Zuhause der Charleroi Cougars. Dann zog das Team in ein neues Stadion in eine andere Gemeinde.
Der Kommentator liess nach dem letzten Spiel 2010 das Mikrofon fallen und verliess die Tribüne.
Ein Schild ausserhalb der Ortschaften weist auf den Rechtsrutsch im Rust Belt hin. Ob die politische Neu-Orientierung nachhaltig ist, wird sich 2020 zeigen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen.