Verletzliche Schönheit: Great Barrier Reef
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Bild 1 von 9. Die Vielfalt von Flora und Fauna am Great Barrier Reef ist einzigartig: Es bietet 400 Korallenarten, 1500 Fischarten und 4000 verschiedenen Weichtieren Lebensraum. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 9. Allerlei Kuriositäten tummeln sich auf dem Meeresgrund über insgesamt 2600 Kilometer. So ist die Seetiefe am Great Barrier Reef etwa von Seegurken bevölkert, die zum Stamm der Stachelhäuter gehören. Ihr walzenförmiger Körper kann in der Länge, je nach Art, zwischen einem Millimeter und zwei Metern variieren. Bildquelle: Imago.
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Bild 3 von 9. Wiewohl aber die Welt in der Tiefsee im Einklang mit sich scheint, so ist sie doch sehr gefährdet. Experten warnen seit Jahrzehnten, dass das Riff aus dem Gleichgewicht geraten und zerstört werden könnte. Tatsächlich hat es seit seiner Registrierung als Weltkulturerbe aufgrund von Umwelteinflüssen rund die Hälfte der Korallen verloren. Bildquelle: Imago.
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Bild 4 von 9. Im Juli 2014 versammelten sich Demonstranten vor dem Queensland Parliament in Brisbane, um den Ausbau des Kohlehafens nahe des Riffs zu stoppen. Drei Millionen Kubikmeter Schlamm sollten für das Projekt abgetragen und im Meer versenkt werden. Mehrere globale Institute weigerten sich hierauf, den ökologisch prekären Ausbau zu finanzieren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Weit mehr noch als vom Schlamm ist das Great Barrier Reef, laut Aussagen von Biologen, von der Erderwärmung bedroht. Steigende Temperaturen und erhöhte Kohlendioxid-Werte würden binnen der nächsten Jahrzehnte zu einer Übersäuerung des Wassers führen – was für die Korallen letztlich tödlich wäre. Bildquelle: Imago.
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Bild 6 von 9. Aber nicht nur biologische und chemische Schadstoffe gefährden das Unesco-Weltkultur-Erbe. Auch die touristische Nutzung birgt Risiken für das Great Barrier Reef. Das Sammeln von Souvenirs, das unbedachtsame Tauchen und selbst das Sonnenöl von Schnorchlern zählt laut Umweltschützern als Risiko für das sensible Ökosystem. Bildquelle: Imago.
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Bild 7 von 9. Schliesslich wird das feine Zusammenspiel von Tieren, Pflanzen und Elementen auch durch die intensive Landwirtschaft in Küstennähe aufs Spiel gesetzt. Mit dem jährlichen Monsunregen gelangen Pflanzenschutz- und Düngemittel von Zuckerrohr- und Bananenplantagen ins Wasser und greifen die Korallenstöcke an. Im Bild eine Anemonengarnele. Bildquelle: Imgago.
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Bild 8 von 9. Und so sieht es nun aber immer häufiger aus: Tote, ausgebleichte Korallen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 9. Farblos statt kunterbunt: Die Korallen bleichen immer mehr aus. Bildquelle: Keystone.
SRF News: Urs Wälterlin, Sie haben sich mit den neusten Aussagen der Wissenschaftler zum Great Barrier Reef beschäftigt. Was sagen die genau?
Urs Wälterlin: Die Korallenbleiche, die schon letztes Jahr grosse Teile des Riffs betroffen hatte, hat sich noch weiter ausgebreitet – und wie. Rund 800 individuelle Riffe, die sich über ein Gebiet von 1500 Kilometern erstrecken, sind nun von diesem Phänomen betroffen. Bisher waren vor allem Korallen im tropischen Norden ausgebleicht. Jetzt ist auch der Süden betroffen – dort wo das Wasser eigentlich kühler sein sollte.
Und wieso hat sich die Korallenbleiche so stark ausgebreitet?
Es gibt nur einen Grund: Vom Menschen verursachter Klimawandel. Ich, Sie, wir alle sind indirekt Schuld an dieser Situation. Nämlich so lange wie wir durch die Verbrennung fossiler Stoffe wie Kohle und Erdöl die Temperaturen in der Atmosphäre erhöhen. Dadurch steigen auch die Temperaturen im Meer.
Ich, Sie, wir alle sind indirekt Schuld an dieser Situation.
Korallen sind extrem empfindlich. Sie reagieren darauf mit Stress und stossen die Algen ab, die sie in einer Symbiose nicht nur mit Nahrung versorgen, sondern auch die wunderschönen Farben geben. Sie bleichen dann aus. Geschieht dies im kleinen Rahmen, ist das kein Problem und sie können sich davon erholen. Wenn der Stress aber anhält – wenn die Wassertemperaturen hoch bleiben – können die Korallen absterben. Vor dieser Katastrophe – und ich verwende diesen Begriff nicht leichtsinnig – stehen wir jetzt offenbar. Ein Forscher hat heute gesagt, das Riff befinde sich wie ein Krebskranker im Endstadium auf dem Sterbebett.
Viele werfen den Wissenschaftlern vor, sie würden übertreiben. Das ist kompletter Unsinn.
Auch wenn es dem Great Barrier Reef offenbar sehr schlecht geht, kommen immer noch sehr viele Touristen deswegen nach Australien. Was heisst diese Nachricht für den Tourismus?
Die Konsequenzen für die rund 70‘000 Menschen, die mit dem Tourismus am Riff ihr Geld verdienen, sind fatal. Eigentlich gilt das für die ganze australische Wirtschaft, denn der Rifftourismus generiert Milliarden in Deviseneinkommen für das Land. Das Riff, bestehend aus einer 2000 Kilometer langen Kette von vielen individuellen Riffen, gehört zu den wichtigsten Touristenattraktionen Australiens. Aber obwohl so viel auf dem Spiel steht, gibt es immer noch Touristiker, die praktisch negieren, was da abläuft. Sie werfen Wissenschaftlern sogar vor, sie würden übertreiben. Das ist kompletter Unsinn. Ich habe noch nie einen Riff-Experten oder einen Meeresbiologen getroffen, der nicht gesagt hat, er wäre heilfroh, wenn er nicht Recht hätte.
Die Wissenschaftler sind sich also einig, und es ist ja auch nicht neu, dass es dem Korallenriff schlecht geht. Was macht denn die australische Regierung, um es zu schützen?
Nicht viel mehr als schön reden. Sie weist zwar auf Programme hin, mit denen der Zufluss von Abwasser ins Riff reduziert werden soll. Das ist ja gut, aber es ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Das wirkliche Problem ist der Klimawandel und die globale Erwärmung – und hier ist Australien leider führend. Nicht nur hat das Land pro Kopf der Bevölkerung in der westlichen Welt einen der höchsten Ausstosse an Klimagasen. Es ist zudem ein führender Kohleexporteur.
Das wirkliche Problem ist der Klimawandel und die globale Erwärmung. Und hier ist Australien leider führend.
Es ist ganz eindeutig, dass die Regierung auch nichts ändern will. Aus zwei Gründen: Zum einen gibt es in der Regierung von Premierminister Malcolm Turnbull mehrere einflussreiche sogenannte Klimaskeptiker, die zum Teil auch eng mit der Kohleindustrie verbunden sind. Zum anderen macht Australien sehr viel Geld mit dem Export des – wie Kritiker es nennen – Klimakillers Kohle. So ist im Hinterland in der Nähe des Riffs erneut eine gigantische Kohlemine geplant. Wenn diese mal läuft, wird die dort geförderte Kohle pro Jahr so viele Emissionen produzieren wie Österreich, Malaysia oder die Stadt New York. Wissenschaftler aber sagen, dass der Klimawandel nur wirksam gebremst werden kann, wenn die Kohle im Boden bleibt.