Die Situation an der Grenze zwischen Polen und Belarus beschäftigt die Öffentlichkeit und die internationale Politik seit mehreren Wochen. Tausende Migrantinnen und Migranten harren an der Grenze aus, in provisorischen Camps, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Ab und zu schaffen es einige von ihnen nach Polen und weiter nach Deutschland. Diese Leute landen zum Beispiel in Guben, einer Stadt im Bundesland Brandenburg mit 17'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Nur der Fluss Neisse trennt sie von der polnischen Stadt Gubin.
Bürgermeister von Guben ist der CDU-Politiker Fred Mahro. Die Situation mit den Flüchtlingen und mit der Corona-Pandemie beschäftige seine Mitbürgerinnen und Mitbürger, sagt er. «Wir hatten hier auch schon die Migrationswelle von 2015», gibt er zu bedenken. «Und wir erleben einen drastischen Strukturwandel; der Braunkohlebergbau wird stillgelegt.»
Menschen in erbärmlichem Zustand
Hinzu komme die Afrikanische Schweinepest entlang der deutsch-polnischen Grenze, die von Wildschweinen übertragen wird, sowie die Vogelgrippe. «Momentan wird unseren Bürgerinnen und Bürgern hier sehr viel zugemutet», findet Mahro. Und jetzt sei es auch noch so, «dass man am helllichten Tag oder auch in den Abendstunden auf völlig fertige, frustrierte und in einem erbärmlichen Zustand befindliche Menschen trifft, die unsere Sprache nicht sprechen und orientierungslos sind.»
Ursache ist die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, 700 Kilometer östlich von Guben und Gubin.
Schuldzuweisungen erlebe er aber keine, so Mahro. «Der Bürgermeister von Gubin, der polnischen Stadthälfte, ist mit mir in engem Austausch, und wir wissen, dass nicht wir die Ursache sind, sondern die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, 700 Kilometer östlich von Guben und Gubin.» Insofern seien beide Kommunen gleichermassen betroffen.
Nach einem coronabedingten Unterbruch gehen seit Ende Oktober auch wieder deutsche und polnische Polizistinnen und Polizisten zusammen auf Streife. Bei den Flüchtlingszahlen zeigt sich derweil eine leichte Entspannung. Im September sind 1300 Menschen in Brandenburg angekommen, im Oktober 2700. Im November waren es bisher weniger.
Einreise nach Polen schwieriger
Doch Bürgermeister Mahro traut dieser Entspannung noch nicht. Er erklärt sich die Abnahme damit, dass die Grenzsicherung an der polnischen Grenze verstärkt wurde. «Bis vor wenigen Wochen war es noch ohne grosse Probleme möglich, die Grenze dort zu passieren, die ist jetzt gesichert. Und damit wird natürlich die Einreise nach Polen schwieriger. Und damit sinken natürlich auch die Zahlen bei uns.»
Bis vor wenigen Wochen war es noch ohne grosse Probleme möglich, die Grenze zu passieren.
Im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus sitzen aber nach wie vor je nach Quelle bis zu 20'000 Menschen fest, Kinder und alte Leute. «Und denen muss schnellstmöglich geholfen werden», ist Mahro überzeugt. «Und dann müssen auch rasch wieder geordnete Asylverfahren zwischen der EU-Aussengrenze und dem angrenzenden Belarus stattfinden.»