Die grosse Koalition in Deutschland für die nächsten vier Jahre ist beschlossen. Nach einer 17-stündigen Schlussverhandlung haben die über 70 Vertreter von CDU, CSU und SPD eine Einigung in allen wesentlichen Punkten gefunden. Doch noch immer ist unklar, ob es auch wirklich eine neue Regierung auf dieser Basis geben wird.
Denn die SPD hatte schon vor Monaten entschieden, diesen jetzt 185-Seiten starken Koalitionsvertrag ihren Mitgliedern erst noch zur Abstimmung vorzulegen.
Alle rund 475'000 SPD-Mitglieder sollen nun per Briefwahl über das Regierungsbündnis abstimmen. Das Ergebnis soll am 14. Dezember vorliegen.
Gabriel zuversichtlich
«Die grosse Koalition hat einen Vertrag für die kleinen Leute geschlossen», triumphiert Gabriel. «Deswegen werden die Mitglieder der SPD mit Sicherheit zustimmen.» Schliesslich seien wesentliche Punkte aus SPD-Sicht in dem Vertrag enthalten, so der Parteichef.
Vor allem bei der abschlagfreien Rente und beim Mindestlohn wurden die SPD-Hauptanliegen praktisch widerstandslos in den Koalitionsvertrag integriert. Alle Mitglieder der Verhandlungskommission hätten am Mittwochmorgen einstimmig den Vertrag «für gut und sehr gut» befunden. Im Koalitionsvertrag sei eine Menge drin, das dazu beitragen werde, Fairness und Balance zu stabilisieren.
CDU fühlt sich auch als Gewinner
Angela Merkel ist zufrieden nach dem Verhandlungsmarathon: «Der Geist dieses Vertrages heisst, dass wir eine grosse Koalition sind, um auch grosse Aufgaben für Deutschland zu meistern.» Im Mittelpunkt stünden solide Finanzen, die Sicherung des Wohlstands und soziale Sicherheit.
Auch die CDU kann laut dem Koalitionsvertrag ihre zentralen Wahlkampfversprechen umsetzen. So wird es keine Steuererhöhungen geben, dafür aber mehr Investitionen in Verkehrsprojekte und die Energiewende.
Schliesslich demonstrierte auch CSU-Chef Horst Seehofer Einigkeit und sagte, alle wesentlichen Wahlaussagen seiner Partei seien eingehalten worden. Der Vertrag gebe massive Impulse für Forschung, Wissenschaft und Bildung, für solide Finanzen und für eine gerechte Sozialpolitik. «Der Text ist ziemlich eindeutig», sagte Seehofer.
Der Fahrplan zur neuen Regierung:
- 27. November: Unterzeichnung und Präsentation des Koalitionsvertrags
- 29. November: In einer gemeinsamen Sitzung in München wollen CSU-Vorstand und CSU-Bundestagsgruppe den Vertrag billigen
- 6. bis 12. Dezember: Geplante Abstimmung der knapp 475'000 SPD-Mitglieder
- 9. Dezember: Ein kleiner CDU-Parteitag (Bundesausschuss) soll in Berlin über den Vertrag abstimmen
- 13. Dezember: Die Briefe der SPD-Mitglieder werden – von der Post in Urnen versiegelt – aus ganz Deutschland nach Berlin gebracht
- 14. Dezember: Hunderte Helfer zählen die Briefe aus. Bis zum Abend soll das Ergebnis vorliegen
- 17. Dezember: Bei einer Zustimmung könnte Angela Merkel (CDU) im Bundestag zum dritten Mal zur Kanzlerin gewählt werden. Das neue schwarz-rote Kabinett würde am selben Tag die Arbeit aufnehmen