Werden Sie am 22. September wählen?
Ja, ich werde zur Bundestagswahl meine Stimme abgeben.
Wie interessiert verfolgen Sie die deutsche Politik hier in der Schweiz?
Ich informiere mich über deutsches Fernsehen und Zeitungen.
Hat sich Ihr Verhältnis zum deutschen Politikbetrieb verändert, seit Sie im Ausland leben?
In gewisser Weise schon. Man kann als Expat das Geschehen mit etwas mehr Abstand werten und ich bin natürlich von Entscheiden, die ich als eher nachteilig ansehe, nicht direkt betroffen. Zudem erkennt man die Schwächen im deutschen System besser, wenn man in einem anderen, besser funktionierenden System lebt. Hier meine ich insbesondere das marode und anachronistische deutsche Renten- und Krankenversicherungssystem, dessen Sanierung bisher keine Koalition ernsthaft angegangen ist, sowie das meiner Meinung nach gänzlich misslungene Anreizsystem zur Erhöhung der Geburtenrate in Deutschland.
Gibt es etwas, was Sie aus diesem Politikbetrieb vermissen?
Vielleicht manchmal den etwas direkteren Schlagabtausch in der deutschen Politik und selten, aber wenn dann wirkungsvoll und im Vergleich zum Schweizer System, die schnelle Handlungsfähigkeit der regierenden Koalition.
Gibt es etwas, was Sie ganz sicher nicht vermissen?
Die Werbung zur Bundestagswahl. Egal, ob Plakate, TV oder Printmedien.
Was sind die grössten Unterschiede zur Schweizer Politik?
Die direkteren Angriffe auf Personen und Parteien. Und die Unmündigkeit der Bürger in Deutschland. Auch wenn die Wahlbeteiligung bei Abstimmungen in der Schweiz tendenziell sinkt und weit unter 50 Prozent liegt, so hat doch jeder Bürger hier das Recht zur Mitsprache. Ob er es dann ausübt oder nicht, ist eigentlich irrelevant. Was zählt ist, dass er als Bürger gefragt wurde. Dieses Recht führt meiner Meinung dazu, dass die Politikverdrossenheit in der Schweiz lange nicht so hoch ist wie in Deutschland, wo die Bürger «nur» das Recht haben, alle vier Jahre ihre Volksvertreter bestimmter Parteien zu wählen.