Die deutsche Ampel steht und die Grünen werden das Aussenministerium übernehmen. Für die China-kritische Haltung der deutschen Grünen bekannt ist vor allem Reinhard Bütikofer. Er war Co-Vorsitzender der deutschen später der europäischen Grünen. Seither profiliert er sich als Aussenpolitiker im EU-Parlament und ist Chef der China-Delegation.
Peking hat gegen ihn ein Einreiseverbot verhängt. Den Vorwurf umschreibt er wie folgt: «Mir wurde vorgehalten, ich hätte mich in Europa für bessere Schutzschilder gegen unfairen chinesischen Wettbewerb und für Menschenrechtsfragen engagiert.»
Die «Retourkutsche»
Die Schritte gegen ihn und weitere Europa-Abgeordnete sind Pekings Antwort auf EU-Sanktionen wegen der Unterdrückung der muslimischen Uiguren. Bei der «Retourkutsche» gebe es aber einen Unterschied, so Bütikofer: «Beides sind Sanktionen. Aber die einen wurden verhängt, weil Leute sich die Hände blutig gemacht haben, die anderen, weil Leute das kritisiert haben.»
Interessant dabei: Als Student war Bütikofer Maoist. Seither habe sich in Peking und auch bei ihm viel verändert. China sei immer autoritär gewesen, doch das sei in den letzten Jahren drastisch schlimmer geworden: «Vor zehn Jahren konnten mutige Menschenrechtsanwälte ihre Klienten noch vor Gericht verteidigen, heute sitzen sie selber im Gefängnis.»
Die Wende zum Schlechteren
Die negative Wende kam laut Bütikofer mit der Machtübernahme von Staatschef Xi Jinping: «Die aktuelle Führung hat unmissverständlich klargemacht, dass alles, was uns wert und heilig ist, als böse Ideologie aus dem Westen bekämpft werden muss: Demokratie, Menschenrechte, Pressefreiheit, Zivilgesellschaft und Konstitutionalismus.»
Die Einreiseverbote gegen Europa-Abgeordnete haben nun freilich auch für China ärgerliche Konsequenzen. Das EU-Parlament legte nämlich abrupt das fixfertig ausgehandelte Investitionsabkommen zwischen der EU und China auf Eis. «Wir sehen nicht ein, warum wir uns von der kommunistischen Partei ins Gesicht schlagen lassen und dazu fröhlich grinsen sollen. Da haben sie sich verrechnet», sagt Bütikofer.
Abkoppelung – der falsche Weg
Allerdings hält er auch den Inhalt des Abkommens für problematisch. Die EU habe zu viele, China zu wenig Zugeständnisse gemacht. Anders als die USA, vor allem unter Präsident Donald Trump, hält Bütikofer aber nichts von einer weitgehenden Abkoppelung des Westens von China: «Auch Trump hat mehr von Abkoppelung gequatscht, als dass er etwas gemacht hätte. Die US-Wirtschaft war nie begeistert und es wäre auch für Europa nicht der richtige Weg.»
Hingegen sieht Bütikofer Abkoppelungstendenzen seitens China und mehr Protektionismus: «China hat im Moment die Vorstellung einer langfristigen Partnerschaft nicht mehr.»
Schluss mit «Angsthasen-Politik»
Bütikofer setzt sich für eine entschlossenere Haltung gegenüber China ein. Europa und besonders Deutschland seien viel zu nachsichtig mit dem Regime umgegangen. Die scheidende Bundeskanzlerin habe zwar lange eine sehr mutige China-Politik gemacht, doch in den letzten vier Jahren eine «Angsthasen-Politik» betrieben.
Der richtige Umgang mit China sind Kooperation, Wettbewerb und systemische Rivalität.
«Die neue Koalition wird das ändern», verspricht Bütikofer. «Hier die Interessen der Wirtschaft und dort die Menschenrechts-Fuzzis – das geht nicht mehr.» Der richtige Umgang mit China seien Kooperation, Wettbewerb und systemische Rivalität. Denn Chinas Vorstellung einer internationalen Ordnung mit einem Peking-zentrierten System laufe den europäischen Vorstellungen zutiefst zuwider.