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CDU gewinnt Bundestagswahl Der Kanzler, die Krise und die Frage: Schafft Merz den Neustart?

Wenn Friedrich Merz so richtig gute Laune hat, so richtig siegestrunken ist, dann macht er «Rambo-Zambo». Diese Abwandlung von «Ramba-Zamba» geht auf einen Gag mit Komiker Stefan Raab zurück, ging viral, der 70-jährige Merz steht heute Abend im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, grinst und surft jetzt glücklich auf eben dieser Rambo-Zambo-Party-Welle. Und dazu hat er allen Grund: Seine Partei, die CDU, hat die Wahl gewonnen – für Merz ein später Triumph nach allen Irrungen und Merkel-Wirrungen in seinem politischen Leben. Merz wird jetzt Kanzler.

Wer übernimmt bei der SPD nach Scholz?

Zehn Autominuten von Merz entfernt betritt Noch-Kanzler Olaf Scholz die rote Bühne im Willy-Brandt-Haus. Er ist der grosse Verlierer des Abends – seine Partei, die SPD, erfährt eine historische Niederlage. Die älteste Partei Deutschlands am Boden, Scholz geknickt, geradezu geschockt. Am Ende. Bei der SPD, das ist klar, wird kein Stein auf dem anderen bleiben, es werden Köpfe rollen, «Tabula rasa», versprechen die Genossen – darum ist noch nicht mal klar, wer überhaupt in allfällige Regierungsverhandlungen einsteigen wird. Macht es Boris Pistorius, der Verteidigungsminister mit den Top-Beliebtheitswerten seit Monaten?

Bei der AfD, die ihren Wähleranteil verdoppelt hat, grosser Jubel, viel Selbstbewusstsein. Die Rechtsaussen-Partei wird Nummer zwei im Bundestag – und hat künftig massiv mehr Einfluss auf die Politik in Berlin. Im Osten holte die AfD sogar 30 Prozent, ist dort stärkste Partei. Der Ost-West-Graben offen sichtbar.

Bei der FDP beginnt man zu realisieren: Die fünf Prozent werden unwahrscheinlich, wieder raus aus dem Bundestag. Die Grünen enttäuscht, mit minimalen Verlusten zwar, aber vielleicht weg von der Macht, Wagenknecht muss ebenfalls noch lange zittern. Die Linke im Super-Hoch – lange tot geglaubt, jetzt bei sieben, acht Prozent.

Merz wird mit der SPD regieren – so viel ist klar. Und die Grünen?

Man wird heute Abend also noch ein bisschen feiern oder zittern oder trauern – doch schon in der Nacht dreht in allen Köpfen die Frage: Wer wird mit wem regieren? Klar ist: Regieren ohne die AfD wird möglich sein. Aber Merz ist klar: Diesmal muss es gelingen, ein Ampel-Chaos wie unter Scholz würde nur eine Siegerin kennen: die AfD. Die Menschen in Deutschland wollen Stabilität, Vertrauen in die Regierung, Sicherheit auf den Strassen. Merz muss liefern. 80 Prozent der Menschen setzen dabei eben nicht – noch nicht – auf die AfD. Das muss Merz’ Antrieb sein, jeden Tag.

Klar ist: Zum Regieren braucht Merz die SPD – die Genossen werden von CSU-Chef Söder schon umworben («Die einzige Partei, die bis zuletzt den Nazis trotzte»). Wenn es das BSW knapp in den Bundestag schafft, bräuchte es noch die Grünen zum Regieren. Es wird also wohl sehr, sehr schwierig. Aber alle wissen: Es muss.

Merz' Problem-Liste hat fast kein Ende

Die Aufgaben für die neue Regierung sind gigantisch: Das Migrations-Problem lösen, die Wirtschaft in Gang bringen, eine Führungsrolle in Europa übernehmen nach dem Bruch der transatlantischen Brücke durch Trump – und darum viele, viele Milliarden für die Bundeswehr, die Ukraine. Die Bahn und die Autobahnen sanieren, Armut reduzieren. Dabei hat der Tag nur 24 Stunden und der Haushalt nur 450 Milliarden.

Merz verspricht heute: Die Regierungsbildung werde schnell gehen. Man kann es hoffen – Zeit zu verlieren hat Deutschland nach der Ära Scholz nicht, keine Sekunde.

Stefan Reinhart

Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

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Legende: KEYSTONE/DPA/Anna Ross

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Tagesschau, 23.2.25, 19:30 Uhr

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