Die USA schliessen ein chinesisches Konsulat in Houston, China reagiert mit der Schliessung des US-Konsulats in Chengdu. «Tit for Tat», heisst dieses Vorgehen. Also: «Wie Du mir, so ich Dir.» Es handelt sich nicht bloss um ein diplomatisches Geplänkel. Die Differenzen gründen tief.
Einfach war es nie zwischen Washington und Peking. Die ideologische Feindseligkeit begann schon mit der Machtübernahme von Mao Tse-Tungs Kommunisten. Sie erhielt dann im Koreakrieg, Anfang der 1950er-Jahre, eine militärische Dimension, als China die Streitkräfte in Koreas Norden unterstützte und die USA für den Süden kämpften.
Staaten lebten Rücken an Rücken
Es dauerte bis in die 1970er-Jahre, bis die USA China überhaupt diplomatisch anerkannten. Der Durchbruch kam über den Sport, an den Tischtennismeisterschaften in Japan. Zuerst freundeten sich einzelne amerikanische und chinesische Spieler an. Weshalb der Prozess seither Pingpong-Diplomatie genannt wird. Am Ende ermöglichte er den historischen Besuch von US-Präsident Richard Nixon in China. Das Eis war gebrochen. Allerdings lebten damals die beiden Staaten Rücken an Rücken. Enge Beziehungen gab es nicht und brauchte es nicht. Man lebte wirtschaftlich in völlig getrennten Welten.
Das änderte sich in den 1980er-Jahren, als Chinas starker Mann, Deng Xiaoping, sein Riesenreich wirtschaftlich auf Vordermann brachte. Zwar störte das Massaker von Tiananmen die Entspannung. Gleichzeitig wollte man im Westen lange – etwas naiv – daran glauben, der gewaltige wirtschaftliche Aufschwung werde China von alleine liberaler und demokratischer machen.
Der Schlüsselmoment
Diese Hoffnung zerschellte an der Realität, spätestens mit der Machtübernahme durch den heutigen Staatschef Xi Jinping. Dieser Führungswechsel in Peking ist ein Schlüsselmoment. Er markiert den Anfang vom Ende der Phase misstrauischer, aber trotzdem immer engerer Kooperation und läutete die heutige Phase offener Rivalität, ja Feindseligkeit ein. Xis Amtsantritt ist weit bedeutender für das amerikanisch-chinesische Verhältnis als jener von US-Präsident Donald Trump. Trump ist nicht die Ursache für die aktuellen Probleme.
Geopolitischer Machtanspruch
Deng Xiaoping strebte Chinas wirtschaftlichen Aufstieg an, liess sein Land jedoch geopolitisch zurückhaltend auftreten. Damit brach Xi Jinping. Er pocht auf eine Supermachtrolle für China – und ist bereit, diese Ambition forsch, nötigenfalls aggressiv durchzusetzen. Und gleichzeitig im Innern Widerstand niederzuknüppeln. Die Unterdrückung der Uiguren, die Beschneidung der Freiheiten in Hongkong, die völkerrechtswidrige Aneignung des Südchinesischen Meers, der wachsende chinesische Einfluss in weiten Teilen Asiens und selbst in Afrika, Lateinamerika und Europa – all das schürt die Spannungen.
Trumps grösster Fehler
Wirtschaftlich, politisch, militärisch, kulturell, technologisch, ja seit der Coronakrise sogar gesundheitspolitisch sehen die USA und China einander als Gegner. Vielfach agiert Trump gar nicht, sondern reagiert bloss, allerdings oft ungeschickt.
Sein wohl grösster Fehler: Er verspielte leichtfertig den Trumpf, den die USA in der Rivalität mit China besassen: Ihr Netzwerk aus soliden, jahrzehntelang bewährten Partnerschaften und Allianzen und ihre Führungsrolle in der UNO. Indem er ständig die amerikanischen Alliierten brüskiert, jene in der Nato, aber auch Südkorea oder Japan, schwächt er die Allianzen. Was die Chinesen, die selber über keine solchen Allianzen verfügen, geradezu ermuntert, ihre Machtambitionen noch entschiedener durchzusetzen.
Es ist eine Illusion zu glauben, der Konflikt werde abflauen, falls Donald Trump im November abgewählt wird. Trump ist bloss ein Brandbeschleuniger. Er ist in Sachen China nicht der Brandstifter.
Die Geschichte lehrt: Es läuft selten friedlich ab, wenn eine etablierte Grossmacht durch eine neue, aufstrebende Grossmacht herausgefordert und womöglich gar als Führungsmacht abgelöst wird. Eine Biden-Präsidentschaft würde das nicht ändern. Sie dürfte lediglich auf US-Seite für mehr Rationalität und Berechenbarkeit sorgen.
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