Juni 2010: Wikileaks veröffentlicht etwa 90'000 zumeist geheime US-Dokumente über den Afghanistan-Krieg. Diese stammen vom Informanten und US-Soldaten Bradley Manning, der später eine weibliche Identität annimmt und sich fortan Chelsea Manning nennt.
August 2010: Die schwedische Staatsanwaltschaft erteilt einen Haftbefehl gegen Julian Assange unter anderem wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung in zwei Fällen. Assange ist zu diesem Zeitpunkt in Grossbritannien. Der Haftbefehl wird kurz darauf wieder aufgehoben, allerdings nur für kurze Zeit.
November 2010: Die schwedische Polizei erlässt einen internationalen Haftbefehl über Interpol. Gleichzeitig erklärt US-Generalstaatsanwalt Eric Holder, es gebe «aktive, laufende Ermittlungen» gegen Wikileaks. 2012 kommen Email-Dokumente aus Geheimdienstkreisen an die Öffentlichkeit, die vermuten lassen, dass in den USA seit 2010 eine geheime Anklage gegen Assange existiert, auf der Grundlage eines Spionagegesetzes von 1917. Die US-Regierung dementiert.
Bis heute hat die US-Justiz offiziell keine Anklage gegen Assange erhoben und auch keinen Auslieferungsantrag an Grossbritannien gestellt. In amerikanischen Medien-, Polit- und Militärkreisen gab es jedoch Stimmen, die eine gezielte Tötung Assanges forderten – und ihn als Internet-Terroristen in Kriegszeiten einstuften.
Dezember 2010: Assange stellt sich der Londoner Polizei. Er bleibt nach einer Befragung zur Auslieferung an Schweden in Haft. Zwar versucht Schweden eine Freislassung auf Kaution zu verhindern. Trotzdem kommt Assange im gleichen Monat für eine Kaution von 240'000 Pfund frei.
Februar 2011: Ein Londoner Gericht bestätigt den Auslieferungsantrag Schwedens. Assange soll dort zu den Vergewaltigungsvorwürfen befragt werden. Eine Anklage gibt es nicht. Assange befürchtet, dass er von Schweden an die USA ausgeliefert werden könnte – wo ihm die Todesstrafe drohen könnte – und geht gegen das Verdikt in Berufung.
November 2011: Der britische High Court bestätigt das Urteil der Vorinstanz: Assange darf an Schweden ausgeliefert werden. Er legt Einspruch ein.
Mai 2012: Der Supreme Court, das höchste Gericht Grossbritanniens, entscheidet ebenfalls, dass Assange ausgeliefert werden darf.
Juni 2012: Assange flieht in die ecuadorianische Botschaft in London und beantragt politisches Asyl. Würde er die Botschaft verlassen, droht ihm die sofortige Verhaftung.
August 2012: Ecuador gewährt Assange Asyl. Der Wikileaks-Gründer dürfe in der Botschaft bleiben, solange er wolle. Die Briten drohen, sie könnten auch in die Botschaft eindringen und Assange festnehmen. Dies führt zu diplomatischen Spannungen.
Juli 2013: Wikileaks-Informantin Chelsea Manning wird von einem US-Militärgericht zu 35 Jahren Haft verurteilt.
Oktober 2013: Ecuador will freies Geleit für Assange erreichen. Laut Medienberichten ist dafür eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Option.
Juli 2014: Assanges Anwälte beantragen in Schweden die Aufhebung des vier Jahre alten Haftbefehls. Der Antrag scheitert.
August 2014: Assange kündigt an, die ecuadorianische Botschaft «bald» verlassen zu wollen.
September 2014: Assange wendet sich an die Expertengruppe des UN-Menschenrechtsrates. Er macht geltend, er sei «willkürlich inhaftiert».
Februar 2015: Assanges Anwälte gehen vor die höchste Gerichtsinstanz Schwedens und argumentieren, dass die «schwerwiegende Einschränkung» seiner Freiheit unzumutbar sei und in keinem Verhältnis zu den Vorwürfen gegen ihn stünde. Ihr Antrag wird im Mai abgelehnt.
August 2015: Die schwedische Staatsanwaltschaft lässt die Vorwürfe der sexuellen Belästigung und Nötigung sowie des sexuellen Missbrauchs wegen Verjährung fallen. Der Vergewaltigungsvorwurf bleibt bestehen.
Oktober 2015: Die britische Polizei gibt bekannt, dass sie ihre Wachen vor der ecuadorianischen Botschaft abzieht – nach mehr als drei Jahren. Ihre Ressourcen seien begrenzt, die permanente Überwachung «nicht mehr angemessen».
Dezember 2015: US-Ermittler bestätigen, dass die Untersuchungen gegen Wikileaks weiterhin laufen. Inwiefern Assange davon betroffen ist, bleibt unklar.
Februar 2016: Die Expertengruppe des UNO-Menschenrechtsrates stuft die jahrelange Botschaftszuflucht als eine Form unrechtmässiger Haft ein. Die schwedische Staatsanwaltschaft betont, dies habe keinen Einfluss auf die laufenden Ermittlungen.