Für die meisten Migranten aus Südamerika ist Tijuana vorläufige Endstation. An der Grenze zwischen den USA und Mexiko halten sich Tausende von Migranten auf. Sie sind vor Gewalt und Armut in ihren Heimatländern geflohen und hoffen auf Asyl in den USA. Ein Augenschein in Tijuana.
Am Strand von Tijuana ragt der Grenzzaun rund 50 Meter weit ins Meer hinaus. Früher waren an dieser Stelle noch Begegnungen zwischen US-Bürgern mit Mexikanern möglich. Durch den Zaun konnten sich Menschen die Hand reichen. Seit einiger Zeit ist der Zugang von der US-Seite her nicht mehr möglich.
Fast 100'000 Menschen passieren täglich den Grenzübergang San Ysidro zwischen dem mexikanischen Tijuana und der US-Stadt San Diego. Viele von ihnen in Bussen oder Privatfahrzeugen.
Wer zu Fuss die Grenze Richtung USA passieren will, muss mit einer Stunde Wartezeit rechnen. Die Migranten werden nur in kleinen Gruppen zum Grenzübergang San Ysidro zugelassen. Pro Tag sind es 40 bis 100 Personen. Bis es soweit ist, müssen viele mindestens zwei Monate in Tijuana warten.
Prekäre hygienische Verhältnisse
Die ersten Migranten der Karawane wurden von der Stadt zuerst im Sportstadion Benito Juarez untergebracht. Dort fehlte es an sanitären Einrichtungen, und nach wenigen Wochen waren die Zustände unhaltbar. Das Stadion wurde Anfang Dezember dann geschlossen.
Eine Gruppe von rund 600 Migranten campiert aber immer noch auf der Strasse vor dem Sportstadion. Dieses liegt in Sichtweite des Grenzzauns und wenige Gehminuten vom Grenzübergang San Ysidro entfernt. Es fehlt jedoch an Wasser und Toiletten, aber auch an ärztlicher Versorgung.
«Ich will nur ein Dach über dem Kopf»
Die 29-jährige Myrna stammt aus Honduras und ist ein Opfer häuslicher Gewalt. Sie wurde mit 14 an einen alten Mann verkauft, der sie als Arbeits- und Sexsklavin gehalten hat. Sie sagt: «Ich will keinen Reichtum, ich will nur ein Dach über dem Kopf und mit meinen beiden Kindern zusammen sein, die man mir weggenommen hat.»
Die meisten Migranten der Karawane leben derzeit im neuen offiziellen Lager El Barretal im Stadtteil Matamoros. Dieser liegt 40 Autominuten vom Grenzübergang entfernt. Das Lager ist mittlerweile gut organisiert. Internationale Hilfs-Organisationen sind präsent.
Die Casa del Migrante in Tijuana ist eigentlich Anlaufstelle für Mexikaner, die aus den USA deportiert wurden. Seit dem Herbst beherbergt sie aber 150 Migranten. Das Haus wird vom Orden der Scalabriner geführt, er bietet auch Sprach- und Computerkurse an.
«Viele machen sich Illusionen»
Padre Pat Murphy stammt aus New York und leitet seit fünf Jahren die Casa Del Migrante. «Die meisten Menschen in der Karawane machen sich Illusionen über das Leben in den USA. Sie sind frustriert, dass es so lange dauert, bis sie an der Grenze ein Asylgesuch stellen können.»
Am Anschlagbrett in der Casa Migrante werden Stellen für Menschen aus Zentralamerika angeboten. In der Stadt Tijuana gibt es Tausende offene Stellen in Fertigungs- und Verpackungsfabriken. Immer mehr Migranten überlegen sich deshalb, in Tijuana zu bleiben, oder wenigstens Geld zu verdienen, bis ein Grenzübertritt möglich ist.
Die amerikanische Border Patrol kann die Menschen nicht aufhalten, die durch Lücken im Zaun auf US-Territorium gelangen. Sie verhaftet die Geflüchteten, die anschliessend Einspruch gegen ihre Ausschaffung einlegen können, um ein Asylgesuch zu stellen. Erwachsene ohne Kinder landen dennoch für Wochen hinter Gitter. Nur Familien mit Kindern müssen nach zwanzig Tagen wieder freigelassen werden.