Kurz nach der Machtübernahme vor bald zwei Jahren haben die Taliban den Opiumanbau verboten. Dieser verstosse gegen die religiösen Überzeugungen, hiess es damals. Umgesetzt wurde das Verbot nicht sofort, und der Anbau nahm 2022 nochmals um ein Drittel zu.
Doch nun ist der Anbau gemäss einer Recherche der BBC gestützt auf Satellitenaufnahmen im Vorjahresvergleich um 80 Prozent zurückgegangen. Es ist der niedrigste Stand in Afghanistan seit 2001. Im Kerngebiet in der südlichen Provinz Helmand, das bisher die Hälfte des afghanischen Opiums produzierte, wird dieses Jahr fast gar kein Mohn mehr angebaut. Stattdessen wird Weizen gepflanzt.
Wie haben die Taliban geschafft, was die USA und andere Nato-Staaten zuvor 20 Jahre vergeblich versuchten? Die Taliban hätten das Land seit der Regierungsübernahme im Gegensatz zu den Amerikanern fest im Griff, erklärt Südasien-Korrespondentin Maren Peters: «Es lag damals aber auch an den Taliban selbst, welche die Felder der Bauern gegen Hilfe verschonten. Das hat lange gut funktioniert».
Hunderttausende verloren Einkommen
Das Anbauverbot vom April 2022 hat für die Bauern unterschiedliche Folgen: Bauern mit eigenem Land kommen dank Reserven noch länger gut über die Runden und profitieren von gestiegenen Preisen. Hunderttausende von landlosen Feldarbeitern haben dagegen ihr Einkommen verloren und können kein Essen mehr kaufen. Das verschärft den allgegenwärtigen Hunger im Land zusätzlich.
Auswirkungen noch nicht absehbar
Für Aussagen über die weltweiten Auswirkungen des Anbauverbots ist es laut Peters vor allem aufgrund der grossen Vorräte der Mohnbauern und Opiumproduzenten zu früh. Der Preis für Opium und Heroin sei zwar immer noch auf einem 20-Jahres-Hoch, doch in den letzten Monate bereits gefallen. Das spreche ebenfalls für die grossen Lagerbestände: «Der Handel von Heroin wird vorerst weitergehen, als wäre nichts gewesen.»
Den Taliban entgehen mit dem Mohnanbau grosse Mittel, hatten sie sich doch damit selber finanziert. Deren religiöse Begründung sei zugleich plausibel, sagt Peters. Denn die Taliban-Führer müssten ihre Legitimität auch gegenüber moderaten Kräften in den eigenen Reihen verteidigen: «Dies gelingt nur, wenn sie strengere Regeln nicht nur einführen, sondern auch durchsetzen.»
Ein weiterer Grund für das Verbot dürfte laut Peters der Umstand sein, dass die Feinde der Taliban wie etwa die Terrorgruppe ISIS-K viel mehr Geld mit Drogen verdienen als sie selbst. Aus diesem Grund müssten die Taliban diese Einkommensquelle trockenlegen, obwohl sie sich selbst und Hunderttausenden von landlosen Bauern schadeten.
Suche nach Anerkennung?
Dass es den Taliban mit der härteren Linie gegen Mohnanbau auch um internationale Anerkennung geht, ist laut Peters unwahrscheinlich. Dies sei nie eine Bedingung für eine Anerkennung an das Islamische Emirat gewesen. Über Anerkennung entschieden zudem einzelne Regierungen und nicht die internationale Staatengemeinschaft oder die UNO.
Das grössere Problem sei für viele westliche Länder, dass das Terrorregime der Taliban Frauenrechte massiv unterdrücke und Afghaninnen etwa die Arbeit in internationalen Organisationen verbiete, so Peters. Autokratische Länder wie China oder Russland wiederum hätten ihre eigene Afghanistan-Agenda, bei der der Kampf gegen Drogen keine Rolle spiele.