Parteien, die der EU skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, dürften bei der Europawahl am 26. Mai Erfolg haben – so auch die Lega. Antonio Maria Rinaldi ist Kandidat der Partei fürs EU-Parlament. Die EU charakterisiert der Italiener als «kaputt» – ein deutsches Wort, was kein Zufall ist.
Kritik an Deutschland
Denn Deutschland habe viel mit der europäischen Krise zu tun: «Wir möchten eine EU, die nicht von Deutschland bevormundet wird. Wir wollen einen fairen Kompromiss», so Rinaldi. Deutschland habe sich die EU und die ihr zugrunde liegenden Verträge nach seinen eigenen Interessen massgeschneidert. Daran sei auch Italien schuld, man habe sich nicht gegen die deutsche Vormacht gewehrt.
Nun dürfte die Lega bei der Europawahl zur stärksten Partei Italiens aufsteigen. Und als solche will die Lega die EU radikal verändern: «Unser Ziel ist ein neues, ein gerechteres Europa.»
EU als Schuldengemeinschaft
Er selbst würde zuerst einmal das Mandat der Europäischen Zentralbank (EZB) anpassen: «Die EZB muss zu einer europäischen Nationalbank werden, vergleichbar mit jener anderer Staaten, vor allem mit jener der USA.» Die EZB soll zusätzliche Kompetenzen erhalten. Wobei Rinaldi vor allem an eine denkt: «Die EZB soll in Zukunft Schuldpapiere einzelner Mitgliedstaaten direkt aufkaufen können.»
Eine Forderung, die in der EU seit langem kontrovers diskutiert wird. Letztlich geht es darum, ob die EU zu einer Schuldengemeinschaft wird, ob z.B. auch Deutsche für Schulden der Italiener haften.
Kompetenzen von Brüssel zurückfordern
Ein ähnlich heisses Eisen: Rinaldi möchte den europäischen Fiskalpakt neu diskutieren und hinterfragt so jene Regeln, die die Mitgliedsländer unter Androhung von Sanktionen dazu zwingen, ihr Defizit tief zu halten. Die Lega möchte also mehr Spielraum beim Budget.
Wir müssen uns schützen und keinen mehr hereinlassen.
Ganz generell möchte die Lega Kompetenzen, die die Mitgliedstaaten an die EU delegiert haben, wieder zurückholen. Konkret will Rinaldi jene Kompetenzen zurückfordern, in denen die EU versagt habe. Als Beispiel nennt er die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Sollte die EU nicht bald einen verbindlichen Verteilschlüssel finden, dann müsse die Migrationspolitik wieder Sache der einzelnen Staaten werden. «Wir müssen uns schützen und keinen mehr hereinlassen».
Das neue EU-Parlament solle darüber diskutieren, welche Aufgaben bei der Union bleiben und welche an die Staaten zurückgehen sollen. Jene Bereiche, die in Brüssel bleiben, müsste die Union aber demokratischer organisieren. Das heisst: Rinaldi möchte das EU-Parlament stärken. Es sei die einzige europäische Behörde, die direkt vom Volk gewählt werde. Das Parlament solle die Gesetze machen und nicht die Kommission oder der Rat der Regierungschefs.
Gemeinsamkeiten der EU-skeptischen Parteien
Rinaldi präsentiert also ehrgeizige Pläne. Nur: Allein werden weder die Lega noch die anderen rechten Partner diesen Umbau schaffen. Klar ist, dass die EU- und Euro-kritischen Parteien am rechten bis ganz rechten Rand eine heterogene Gruppe sind.
Haben diese Parteien überhaupt Gemeinsamkeiten? «Ja. Es gibt überall in Europa Parteien, die den Mitgliedsstaaten Kompetenzen zurückgeben möchten.» Rinaldi glaubt, dass diese Basis genügt, um das kaputte Europa wieder in Gang zu bringen.