Vor einem Jahr vor der Schweizer Botschaft in Kiew: Besorgt verabschiedet Claude Wild sein Team. Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen hochgeschaukelt, bis Russland schliesslich am 24. Februar in die Ukraine einmarschierte. Ein paar Tage nach seinen Mitarbeitenden flüchtet denn auch der Schweizer Botschafter vor dem russischen Angriffskrieg.
Unverständnis über Schweizer Neutralität
Seit Mai ist der Genfer mit Zürcher Wurzeln zurück in Kiew. Es sei unglaublich, dass er wieder hier stehen könne, mit einer Botschaft, die funktioniere, sagt er. «Das ist nur möglich dank der Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Nation. Als wir damals gingen, war Kiew umkreist von der russischen Armee.»
Als Botschafter muss er unter anderem auch Ukrainern und Ukrainerinnen die Schweizer Neutralität erklären. Keine einfache Aufgabe, wie Wild sagt. «Für die Ukrainer und Ukrainerinnen geht es jetzt ums Überleben. In dieser Phase haben sie Mühe zu verstehen, weshalb wir den Wiederexport von Waffen von Ländern, die bei uns Waffen gekauft haben, nicht erlauben».
Es bleibt die Erkenntnis, dass unsere europäische Sicherheitsarchitektur zerstört ist. Es gibt heute kein Vertrauen mehr.
Jetzt geht seine Zeit als Botschafter in der Ukraine zu Ende. Das Fazit von Claude Wild: «Es bleibt die Erkenntnis, dass unsere europäische Sicherheitsarchitektur zerstört ist. Es gibt heute kein Vertrauen mehr. Alle Länder müssen für ihre eigene Verteidigung aufrüsten, auch die Schweiz.»
Die nächste Stelle von Claude Wild ist in Strassburg beim Europarat. Seine Nachfolge in Kiew hat das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA noch nicht geregelt.