Matteo Salvini ist der Geburtshelfer dieser neuen Regierung. Der Lega-Chef
hatte den Sturz der alten Regierung, der er als Innenminister angehört hatte,
provoziert. Und sein Wunsch, durch eine Wahl umfassende Vollmachten zu
erlangen, hat nur eines bewirkt: er hat die Gegner geeint. Nur darum erblickt
nun die Regierung aus Cinque Stelle und sozialdemokratischem Partito
Democratico das Licht dieser Welt.
Gegen Salvini zu sein, wird nun aber nicht reichen, die neue Regierung über
die Runden zu bringen. Dazu braucht es ein Team, Ideen, ein Programm,
vielleicht sogar Begeisterung. Davon ist derzeit erst wenig zu spüren.
Viel Arbeit für die Regierung
Cinque Stelle und Partito Democratico vermittelten in den letzten Tagen den
Eindruck, diese Koalition sei lediglich eine lästige Strafaufgabe. Und das
tagelange Gezänk um Ministerposten weckte in der ohnehin
politikverdrossenen italienischen Öffentlichkeit böse Befürchtungen. Zudem kann noch immer alles scheitern, weil die Basis der Cinque Stelle online
befragt werden soll. Um diese Abstimmung zu gewinnen, wird Sterne-Chef Di Maio noch Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Stimmt die Basis zu, dann wartet viel Arbeit auf diese Regierung: Italiens
Wirtschaft wächst kaum. Wichtige Betriebe, zum Beispiel die Fluggesellschaft Alitalia, stehen kurz vor dem Bankrott. Und um den Budgetvorgaben Brüssels zu genügen, muss Italien massiv sparen oder aber die Mehrwertsteuer erhöhen.
Neue Kommunikation mit Brüssel könnte sich lohnen
Bisher ist noch nicht abzusehen, wie genau die neue Koalition auf diese
Herausforderungen reagieren wird. Conte, der mit grösster Wahrscheinlichkeit den Regierungsauftrag erhält, wird nur ein paar wenige Tage Zeit haben, zumindest die Grundzüge eines Programms zu entwerfen. Helfen wird ihm dabei, dass das Kräfteverhältnis zwischen den Cinque Stelle und den Sozialdemokraten ausgeglichener ist.
Während Lega-Chef Salvini in der gescheiterten Regierung die Linie vorgab, verfügen Luigi Di Maio, der Chef der Cinque Stelle und Nicola Zingaretti, der Chef der Sozialdemokraten, über ein vergleichbares Durchsetzungsvermögen. Und in einem zentralen Punkt, nämlich in der EU-Politik, haben sich beide Parteien in den letzten Wochen deutlich angenähert. So wählten sowohl die Cinque Stelle als auch der Partito Democratico Ursula von der Leyen zur neuen Präsidentin der EU-Kommission.
Der gute Draht nach Brüssel könnte sich lohnen. Vielleicht gelingt es der neuen Regierung in Brüssel mehr Budgetspielraum herauszuholen, um doch nicht so massiv sparen zu müssen. Und vielleicht geht die neue Kommission auch jenes Problem entschlossener an, das Matteo Salvinis Lega so populär gemacht hat: die Migrationspolitik. Hier müssen Rom und Brüssel schnell eine gemeinsame Antwort finden.