In einem Brief an die EU-Kommission setzen sich die Regierungen von Grenzregionen aus allen Nachbarländern der Schweiz für konstruktive Verhandlungen mit der Schweiz ein, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtete. Auch die österreichische Region Vorarlberg hat den Brief unterschrieben. Der Vorarlberger Politiker Harald Sonderegger erklärt die näheren Umstände.
SRF News: Warum war dieser Brief nötig?
Harald Sonderegger: Nicht ganz Europa ist Nachbar der Schweiz. Staaten, die weiter entfernt sind, fragen sich, warum die Schweiz immer Extrawürste wolle. Im Lichte der aktuellen Brexit-Verhandlungen läuft das Ganze zudem nicht in einem angenehmen Umfeld ab. Wir als Nachbarregionen haben uns verpflichtet gefühlt, aufzuzeigen, dass das Miteinander bis jetzt gut war. Wir hoffen, dass wir auch in Zukunft ein gutes Miteinander haben.
Am Ende geht es um den gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum und die gute Nachbarschaft.
Sie betonen die Zusammenarbeit mit der Schweiz im wirtschaftlichen Bereich. Wie eng sind die Verflechtungen Vorarlbergs mit der Schweiz?
Unsere Beziehungen insbesondere mit dem angrenzenden Nachbarkanton St. Gallen ist sehr intensiv, auch aufgrund des wirtschaftlichen Austausches und aufgrund des Austausches der Arbeitskräfte. Sehr viele Vorarlberger pendeln in die Schweiz und verdienen dort ihren Lebensunterhalt. Unsere Wirtschaft exportiert in die Schweiz und da sind wir über möglichst flache, offene Grenzen sehr froh.
Ende Juni hatte die EU-Kommission die Fortschritte auf dem Weg zu einem Rahmenabkommen als ungenügend erachtet und die Schweizer Börsenäquivalenz nicht verlängert. War das aus Ihrer Sicht ein Fehler?
Ich weiss nicht, ob es ein Fehler war. Uns wäre es auf jeden Fall lieber gewesen, wenn es nicht notwendig gewesen wäre.
Ich hoffe, dass man das so wahrnimmt, dass die EU einen sanften Schuss vor dem Bug abgegeben hat, um auf die Situation aufmerksam zu machen.
Ich hoffe, dass man das so wahrnimmt, dass die EU einen sanften Schuss vor dem Bug abgegeben hat, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Bei allen Schwierigkeiten, die wir von ausländischer Seite respektieren, sollten alle bemüht sein, an einem gemeinsamen Strang zu ziehen und auch ein Ergebnis zu erzielen.
Haben Sie auch Verständnis für die EU, die seit zehn Jahren betont, dass ihr der bilaterale Weg nicht mehr passe und in der Schweiz bewegt sich einfach nichts?
Wir alle, die wir in der Politik tätig sind, wissen, dass Dinge mitunter Zeit brauchen und reifen müssen. Man kann es durchaus so sehen, wie Sie sagen, und der Schuss vor den Bug ist ein Stück weit Referenz an diese Einstellung. Wir haben mit dem Brief zum Ausdruck gebracht, dass wir die Schweizer Problematik aufgrund der Nähe etwas besser und intensiver kennen. Wir bitten um etwas Zeit. Aber wir wenden uns auch in allen Kanälen an unsere Schweizer Freunde, dass sie sich bemühen sollen. Am Ende geht es um den gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum und die gute Nachbarschaft.
Kann die EU im Kontext des Brexit gegenüber Grossbritannien Härte signalisieren und bei der Schweiz nachgeben?
Das ist genau die Schwierigkeit, die wir hatten und haben. Momentan habe ich das Gefühl, dass das Rahmenabkommen verhandelbar ist. Nun laufen auch in der Schweiz Prozesse. Hoffentlich kann in der Schweiz eine Lösung gefunden werden, die auch Brüssel genügen wird.
Wie optimistisch sind Sie, dass die Schweiz und die EU sich noch auf ein Rahmenabkommen einigen können?
Wenn ich nicht Optimist wäre, wäre ich wahrscheinlich nicht in der Politik. Ich bin sehr optimistisch. Wenn das Wollen da ist, dann gibt es auch Wege. Wir sollten mit Diskussionen versuchen, diese Wege offen zu halten und dann werden wir auch Lösungen finden.
Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.