Heute sei das Weltall nicht nur entscheidend für unser Leben, es sei vor allem entscheidend für die moderne Kriegsführung, heisst es in einem Werbevideo des US-Verteidigungsministeriums. 2019 verfügte der damalige US-Präsident Donald Trump, sofort eine Weltraumtruppe zu schaffen, die US Space Force.
Inzwischen existiert sie. Ihr Emblem erinnert etwas an das Raumschiff-Enterprise-Logo. Ihr oberster Chef, General John Raymond, bezeichnet die neue Space Force in einer Telefonkonferenz mit Fachjournalisten als «sehr flexibel und sehr klein».
6400 US-Soldaten
Weil man aber in den USA gerade im Militär meist in XL-Grössen denkt, umfasst die «kleine Weltraumtruppe» bereits rund 6400 Soldaten und noch einmal so viele Zivilisten. Es brauche, so Raymond, diese Streitkräftegattung, weil das All immer stärker genutzt wird, wirtschaftlich, wissenschaftlich und militärisch: «Es wird dort also immer voller, die Länder kommen einander in die Quere und die Konfrontationen nehmen zu.»
Kurz: Es gehe im Weltraum künftig wohl weniger friedlich zu als bisher. Zugespitzt formuliert: Das Weltall wird zum neuen Wilden Westen.
«Die USA setzen auf Abschreckung»
Laut US-General Raymond arbeiten China und Russland sehr aktiv darauf hin, den USA den freien Zugang zum Weltall zu erschweren oder ihn gar zu verhindern. Mit Mitteln der elektronischen Kriegsführung, mit Cybermitteln und auch mit Offensivwaffen wie Killersatelliten, die andere Satelliten abschiessen können.
«Die USA setzen auf Abschreckung, darauf, mit einem Drohpotenzial einen Krieg im Weltraum zu verhindern», betont Raymond. Dass die USA selber sehr wohl auch offensiv im All aktiv werden können, erwähnt er nicht.
Nato-Bündnisfall auch im Weltall
Zurzeit reist der Kommandeur der US-Weltraumoperationen durch Europa. Sein Ziel: die Nato-Partnerländer überzeugen, sich ebenfalls militärisch im All zu engagieren. Die Nato hat inzwischen den Weltraum als neues Operationsgebiet definiert.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: «Was bereits heute zu Land, zu Wasser und in der Luft und ebenso im Cyberraum gilt, gilt künftig auch im Weltraum: Der Bündnisfall.» Will heissen: Ein Angriff auf einen Nato-Staat gilt als Angriff auf alle. Und erfordert entsprechend eine militärische Reaktion aller.
Nicht mehr bloss Science Fiction
Frankreich richtete ebenfalls ein Weltraumkommando ein und führte neulich erstmals Weltraummanöver durch. Grossbritannien zieht nach. Und eben dieser Tage eröffnete die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im nordrhein-westfälischen Uedem den Standort des vorerst noch bescheidenen deutschen Weltraumkommandos.
Ihre Begründung für den neuen Akzent in der Bundeswehr ist die Unverzichtbarkeit der Nutzung des Universums, etwa wenn es um Navigation und Kommunikation geht: «Deshalb sind unser Wohlstand und unsere Sicherheit in hohem Masse vom Weltraum abhängig.» Und sie ergänzt: «Ein bisschen Science Fiction schwingt mit, ein bisschen Kino. Wer denkt nicht an Jules Verne, an Raumschiff Orion, an Raumschiff Enterprise – eher so meine Generation…»
Bloss: Es geht eben immer weniger um Science Fiction, sondern immer mehr um eine neue militärische Realität. Vom UNO-Weltraumvertrag von 1967, demzufolge das All ausschliesslich der friedlichen und wissenschaftlichen Nutzung vorbehalten sein müsste, ist immer seltener die Rede.