Auf Madagaskar geht die Pest um. Mehr als 1100 Menschen haben sich seit August infiziert, mehr als 100 sind gestorben. Die südostafrikanische Insel kämpft zwar immer wieder mit Pestausbrüchen. Doch so viele Fälle wie in diesem Jahr habe es schon lange nicht mehr gegeben, sagen Gesundheitsorganisationen.
Besonders schlimm sei, dass derzeit die Lungenpest umgehe, erklärt Christoph Hatz, Mediziner am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut in Basel. «Einerseits hat sie einen sehr raschen, tödlichen Verlauf, wenn sie nicht sofort mit Antibiotika behandelt wird. Andererseits kann sie – und das ist das super gefährliche – via Tröpfchen vom Mensch zu Mensch übertragen werden.»
Die Lungenpest unterscheidet sich in diesem Punkt von der normalen oder auch Lymphdrüsenpest, die durch Bisse von Flöhen auf Menschen übertragen wird. Zwei Drittel der Infizierten leiden an der gefährlicheren Variante der Krankheit.
Kalte Nächte könnten Schuld sein
«Die Lymphdrüsenpest muss natürlich auch behandelt werden, aber man hat etwas mehr Zeit», so der Reise- und Tropenarzt. Weshalb sich die Krankheit derzeit besonders stark ausbreitet, ist unklar. Eine Ahnung hat Hatz aber: «Ein Faktor ist, wenn viele Leute auf engem Raum leben und engen Kontakt haben.»
Auch klimatische Bedingungen werden als Grund für vermehrte Lungenpestinfektionen angeführt. Seit gut einem Monat sei es aussergewöhnlich kühl auf der Insel, mit Temperaturen von zehn Grad nachts. Das ist kalt für Madagaskar, weiss der Tropen- und Reisemediziner. «Man geht davon aus, dass das einen Einfluss haben könnte, bewiesen ist es aber nicht.»
Ausbreitungsgefahr nicht gebannt
Hinzu komme, dass das Gesundheitssystem Madagaskars nicht die nötigen Mittel hat, Pestfälle zu behandeln und Ansteckungen zu verhindern. Das führe dazu, dass sich die Pest ausbreiten kann. «Wir müssen davon ausgehen, dass es noch längst nicht vorbei ist mit der Pest in Madagaskar, obwohl die Regierung rasch und stark reagiert hat», so die Befürchtung des Tropenmediziners.
Man müsse mittels Kontrollen sicherstellen, dass keine Flöhe von Ratten auf Menschen überspringen und so die Infektion auslösen. Angehörigen von Erkrankten müsse man sofort Antibiotika geben. «Das muss schnell gehen», so Hatz. Ärzte ohne Grenzen und die WHO würden dabei tatkräftig helfen.
Schweiz auf Patienten vorbereitet
«Dass ein Tourist die Pest einschleppt, ist das Szenario, vor dem wir uns am meisten fürchten», sagt Hatz. «Ähnlich wie bei Ebola kann es vorkommen, dass jemand ohne Symptome alle Kontrollen passiert und die Krankheit zuhause voll ausbricht.» Die Gefahr, dass das passiere, sei klein, aber nicht auszuschliessen.
In der Schweiz und in anderen europäischen Ländern ist man gewappnet, wie der Arzt versichert: «Wenn ein Patient aus Madagaskar zurückkommt und Fieber hat, denkt man sofort an die Pest und macht die nötigen Abklärungen.» Man könne die Person behandeln und entsprechende Isolationsmechanismen spielen lassen.