«Ein solches Erdbeben habe ich in meinem Leben noch nie erlebt», sagt der 44-jährige Journalist Armand Plaka am Telefon zu SRF. Er lebt mit seiner Familie in Tirana. «Nicht nur die Stärke des Bebens war erschreckend, sondern auch die Dauer.» Erst vor kurzem hatte Plaka einen Neubau im nördlichen Teil von Albaniens Hauptstadt bezogen, «jetzt ziehen sich Risse durch die ganze Wohnung.»
Ein solches Erdbeben habe ich in meinem Leben noch nie erlebt.
Das werde sie zwar viel kosten, doch im Vergleich zu anderen hätten sie Glück gehabt. «Ich danke Gott, dass wir noch am Leben sind», meint der Journalist. Auch seinen Eltern gehe es den Umständen entsprechend gut, obwohl sie alt und krank seien und mitten in der Nacht aus ihrem Haus auf die Strasse flüchten mussten.
«Die Stimmung ist am Boden»
Das Beben im Westen Albaniens forderte mindestens 23 Tote und rund 600 Verletzte. In Tirana und besonders entlang der Küste sind viele Häuser beschädigt oder gar ganz eingestürzt. «Die Stimmung im Land ist am Boden», sagt Armand Plaka. Die Albaner seien ein kleines Volk, und viele Leute kämpften sowieso schon mit der Armut. Nach dem Erdbeben höre man nun oft: «Das hätte uns der liebe Gott ersparen können.»
Eigentlich sei Albanien nicht als Erdbeben-Land bekannt. «Dass es jetzt innerhalb zweier Monate zweimal zu Beben kam, verunsichert die Leute.» Bereits im September wurden mehr als 100 Menschen durch mehrere kleine Erdbeben verletzt. Wie stark das die Leute verängstige, habe er gerade eben beim Einkaufen erlebt, meint Plaka.
«Es ging das Gerücht um, dass es zu einem weiteren Beben kommen könnte. Das alleine veranlasste die Mitarbeiter des Supermarktes, umgehend zu schliessen. Per Durchsage wiesen sie uns an, den Laden innerhalb von fünf Minuten zu verlassen.»
Schutz auf der Strasse
Auch Stine Klapper spürte das Beben. Sie arbeitet für die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung, die sich in Tirana mit Themen wie Demokratie oder Soziologie auseinandersetzt.
«Es ist kein gutes Gefühl, wenn sich alles bewegt, die Wände zu wackeln beginnen und einreissen», meint Klapper. Ihre Mitarbeitenden und auch die Menschen aus den benachbarten Gebäuden hätten auf der Strasse Schutz gesucht. Auch sie bestätigt: «Die Leute sind stark verunsichert, da das letzte grössere Erdbeben erst zwei Monate zurückliegt.» Viele würden nun befürchten, dass es zu weiteren Beben kommt.
«Schrecklich, schrecklich!»
Obwohl auch in Tirana grosser Schaden entstanden ist, am stärksten hat das Beben in der Küstenstadt Durres gewütet. Die Nachrichtenagentur AP konnte im örtlichen Spital mit einem verletzten Mann sprechen, dessen Haus eingestürzt war. Er meinte, dass er die Erschütterungen zuerst in seinem Schlafzimmer gespürt hätte und deshalb aufgewacht sei. «Ich schaute nach meinen Kindern und in ihrem Zimmer knallte mir plötzlich die Tür entgegen.» Dabei habe er sich beide Arme verletzt, so der Mann. «Das ist schrecklich, schrecklich!»