Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hält einen weiteren Putschversuch für möglich. Dieser würde Aufrührern aber nicht leicht fallen, sagte Erdogan gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir sind wachsamer».
Erdogan kündigte einen raschen Umbau des Militärs an. Das Militär müsse aus dem Putschversuch ernste Lehren ziehen, sagte er. «Wir können es uns nicht leisten selbstzufrieden zu sein.»
«Das Militär ist wie gelähmt»
SRF-Türkei-Korrespondentin Ruth Bossart hält einen weiteren Putsch dagegen für unwahrscheinlich. Das Militär scheine wie gelähmt, sagte sie gegenüber der SRF-Sendung «10vor10». Nicht nur die Moral sei am Boden, sondern auch die Helikopter der Streitkräfte seien seit Tagen nicht mehr abgehoben.
Das Militär war in der Türkei traditionell stark und unabhängig und zwang amtierende Regierungen in den Jahren 1960, 1971 und 1980 zum Rücktritt. Diesmal scheiterte der Putsch. Das sei das erste Mal in der Geschichte der modernen Türkei, sagte Türkeikenner und Professor für Islamwissenschaft an der Uni Basel, Maurus Reinkowski, gegenüber «10 vor 10». «Das zeigt uns, dass das Militär nicht mehr diese Art von Zusammenhalt und Einförmigkeit hat, wie noch vor 20 oder vor 10 Jahren.»
«Erdogan wird Armee vermehrt für seine Zwecke nutzen»
Die türkische Armee ist nach den USA die zweitgrösste innerhalb der Nato. Diese geballte Schlagkraft werde von Präsident Erdogan wohl vermehrt für seine Zwecke nutzen, sagte der ehemalige Nato-General Harald Kujat in der Sendung «10vor10». Das Militär sei nun ein «willkürliches Instrument» Erdogans. Wenn es dem Präsidenten gelinge das Land soweit umzugestalten, dass es praktisch zur Präsidialdiktatur komme, werde er die Armee auch für die aussenpolitischen Ziele einsetzen können.