Im politischen Berlin fürchtete man ein bisschen, dass die erstmals abgehaltene Fragestunde im Bundestag, bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu allen möglichen Themen in die Zange genommen werden sollte, von der AfD zur Krawallstunde gemacht würde.
Merkel pariert Angriff der AfD
Tatsächlich versuchte es der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio. Merkels Flüchtlingspolitik habe schreckliche Folgen, rief er in den Saal. «Import von Islamisten und Gefährdern, unendliches menschliches Leid durch Vergewaltiger und Mörder, Messerstecher und Terroristen. All das haben Sie zu verantworten – ein schrecklicher Preis für Ihr freundliches Gesicht.»
Doch die Kanzlerin liess sich nicht aus der Ruhe bringen. Trocken und sattelfest sagte sie: «Die politischen Grundentscheidungen waren richtig. Trotzdem haben wir inzwischen eine Vielzahl von Massnahmen durchgeführt, die deutlich macht, dass es sich um eine Ausnahmesituation gehandelt hat.»
Deutschland habe sich in der humanitären Ausnahmesituation sehr verantwortungsvoll verhalten. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof die deutsche Politik bestätigt, sagte Merkel weiter.
Nur kurze Fragen und Antworten erlaubt
Insgesamt verlief die Debatte zivilisierter als im Vorfeld befürchtet. Allen war eine gewisse Aufregung über die ungewöhnliche Situation anzumerken. Fragen und Antworten durften nicht länger als 60 Sekunden dauern und im Laufe der Fragestunde konnten alle Themen angeschnitten werden.
Die Kanzlerin, deren grösste Schwäche die Kommunikation ist, musste die Sache auf den Punkt bringen. Es gibt die Theorie, dass der Grund dafür in Merkels Biografie liegt: Als Pfarrerstochter in der DDR sei sie gewohnt gewesen, möglichst wenig und nur mit engen Freunden klar zu kommunizieren, denn die Kirche wurde immer misstrauisch beäugt.
Der Ausschluss Russlands aus der G8 war unvermeidlich gewesen.
Die mangelnde Kommunikation in der Flüchtlingskrise war denn auch eines von Merkels grössten Mankos ihrer bisherigen Regierungsjahre. Man wusste oft nicht, was sie wirklich wollte. Heute musste Merkel klarer als üblich Stellung nehmen. So bekräftigte sie den Ausschluss Russlands aus dem Kreis der wichtigsten Industriestaaten, die sich am Wochenende in Kanada treffen.
Die G7 seien dem Völkerrecht verpflichtet – doch Russland habe mit der Annexion der Krim einen «flagranten Bruch des internationalen Völkerrechts» begangen. «Deshalb ist der Ausschluss Russlands unvermeidbar gewesen.» Allerdings habe man die Gesprächsfäden nach Moskau nie abreissen lassen.
Alles Themen, welche die Menschen interessieren
Zur Sprache kamen im Bundestag auch der Dieselskandal und die Entschädigung der Fahrzeughalter oder die Frage, ob man Handelsfragen mit dem Klimaschutz verknüpfen könnte, um US-Präsident Donald Trump unter Druck zu setzen. Merkel sagte Nein.
Ebenfalls angesprochen wurde der neue, unflätige US-Botschafter in Berlin. Also alles Themen, welche die Menschen interessieren – und die Bundeskanzlerin musste stärker als üblich Farbe bekennen. Das neue Format ist gut angekommen im deutschen Bundestag.