Zu Sowjetzeiten waren die Russen noch eine Grossmacht in Afrika. Mit dem Ende des Kalten Krieges zogen sie sich zurück und überliessen das Feld anderen wie China, Indien oder dem Westen. Jetzt will Russland an den einstigen Einfluss anknüpfen und dürfte interessante Nischen finden, wie Afrika-Korrespondent Samuel Burri sagt.
SRF News: Was versprechen sich die afrikanischen Staaten vom Gipfel in Sotschi?
Samuel Burri: Afrika erhält mehr Auswahl. Russland ist ein weiterer möglicher Partner für die Afrikaner neben China, arabischen Staaten, Europa und den USA. Afrikas Staaten werden damit wichtiger in der globalen Arena und hoffen auf bessere Verhandlungspositionen.
Ist das Interesse Afrikas an einer Zusammenarbeit mit Russland gross?
Zweifellos. Doch die afrikanischen Staaten wollen nun erst einmal schauen, was Russland bieten kann und was sie Russland verkaufen können, etwa Mineralien oder Tee wie im Fall Kenias. Insofern ist das Treffen für viele Länder ein Startschuss für engere Beziehungen. Was daraus wird, hängt von den einzelnen Staaten ab.
In welchen afrikanischen Staaten und mit welchen Projekten ist Russland bereits präsent?
Russland ist Waffenverkäufer Nummer eins auf dem afrikanischen Kontinent. Der Anteil am Waffenhandel beträgt 39 Prozent. Ein weiteres wichtiges Feld könnte die Atomenergie werden. Bisher hat nur Südafrika ein Atomkraftwerk. Doch Russland hat bereits Abkommen mit 15 afrikanischen Ländern abgeschlossen. In Ruanda könnte in fünf Jahren das erste russische AKW stehen. Zudem ist Russland an Afrikas Rohstoffen interessiert wie alle anderen Staaten auch. Gelegentlich kommen auch russische Söldner zum Einsatz.
Russland hat wirtschaftliche und geostrategische Interessen in Afrika. Welche Vorteile bringt die Zusammenarbeit den Afrikanern?
Die Russen können Afrika eigentlich nichts Neues bieten. Wenn ein Land aber die Wahlfreiheit hat, ob es ein Kraftwerk von Frankreich oder Russland will, oder ob neue Panzer aus Russland oder China kommen sollen, gibt es Spielraum bei Verhandlungen. Allerdings müssen das die afrikanischen Staaten auch ausnutzen. Leider werden allzu oft grosse Projekte unter der Hand vergeben wie etwa in Kenia die chinesische Eisenbahn. Dann wird oftmals auch zu viel bezahlt. Klar ist: Afrikanische Staaten können nur profitieren, wenn sie auch mitbestimmen.
Russland schreckt nicht davor zurück, mit Despoten zusammenzuarbeiten. Was bedeutet das für die Bevölkerung Afrikas?
Vermutlich wenig Gutes. Viele Staaten in Afrika sind jung und in ihren politischen Strukturen noch nicht gefestigt. Afrikanische Politik ist meist mehr Machtpolitik als Sachpolitik. Also suchen die Politiker Unterstützung von innen und aussen. Russland hat bereits gezeigt, dass es willig mitmacht. Ohne Rücksicht etwa auf Demokratie oder Menschenrechte. Wenn Russland Despoten unterstützt, leidet am Ende die Bevölkerung.
Wird Russland sich in Afrika gegen die Konkurrenz als grosser Player etablieren können?
Sicher nicht sofort und vielleicht nicht als grosser Player. Dazu fehlen Russland im Moment die Ressourcen. Aber die Russen sind im Sicherheits- und im Nuklearbereich bereits da. Russland findet seine Nischen, etwa dort, wo die internationale Gemeinschaft Sanktionen verhängt. Es gibt Leute, die sagen, die Russen kämen zu spät an die Party. Putin besuchte bisher nur nordafrikanische Länder und einmal Südafrika. Aber man kann auch spät auf einer Party aufkreuzen und noch tüchtig mitfeiern.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.