Österreich kritisiert die Flüchtlingspolitik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf. «Die ‹Wir schaffen› das-Politik ist unverantwortlich», sagte Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil der «Kronen Zeitung».
Anhaltende Willkommenskultur
Die anhaltende Willkommenskultur Merkels sei eine Ermunterung für Flüchtlinge, nach Europa aufzubrechen und ein fatales Signal. «Ein Jahr 2015 darf sich nicht wiederholen.»
Europa könne die Situation nicht meistern, betont Doskozil: «Wenn mitten in Mailand Zelte für Flüchtlinge aufgestellt werden müssen, kann doch keiner wirklich behaupten, dass wir diesen Zustrom in vernünftiger Weise bewältigen.» Ausserdem wiederholte der Minister, dass Österreich nicht das «Wartezimmer für Deutschland» sei.
«Rückführungsgipfel»
Seit Jahresbeginn hat Österreich nach Angaben des Verteidigungsministeriums 100'000 Migranten registriert. Die grösste Gruppe stamme dabei nicht aus Kriegsgebieten wie Syrien, sondern aus Nigeria und Eritrea.
Doskozil fordert daher die Einberufung eines «Rückführungsgipfels auf europäischer Ebene», um Wege zu finden, Migranten in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. «Es ist keine Politik, wenn Europa hier in Agonie verharrt und den Kopf in den Sand steckt», sagte Doskozil.
Bulgarien: EU lässt uns alleine
Unterdessen fordert Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow die Europäische Union auf, sein Land stärker bei der Sicherung der EU-Aussengrenze zur Türkei zu unterstützen. «Ich weiss nicht, wie lange wir dem Migrationsdruck an unserer Grenze noch standhalten können», sagte Borissow der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Derzeit werde Bulgarien «praktisch alleine» gelassen.
Das Nachbarland Türkei müsse wissen, «dass wir uns nicht allein auf sie verlassen und uns nicht abhängig machen wollen», sagte Borissow. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe die Schwäche der Europäer genau erkannt, so der Regierungschef. «Was würden wir in Europa tun, wenn die Flüchtlinge wieder in Massen kommen? Sie abschiessen? Das können wir nicht. Wir werden sie also aufnehmen. Aber was wird dann mit uns passieren?»
Zwei Drittel der Bulgaren sehen in Flüchtlingen und anderen Migranten eine Bedrohung für die nationale Sicherheit, wie eine repräsentative Umfrage im Mai ergab.
Schleuser gefasst
Griechenland und Serbien melden unterdessen Erfolge im Kampf gegen die Schleuserkriminalität. Die griechische Polizei teilte mit, sie habe zwei Bulgaren das Handwerk gelegt, die 21 Migranten aus der Region des griechisch-türkischen Grenzflusses Evros abgeholt hätten, um sie nach Westgriechenland zu befördert.
In Belgrad nahm die serbische Polizei einen Hausbesitzer fest, der 34 afghanische Migranten verborgen hatte. In der Stadt Vladicin Han nahe der Grenze zu Mazedonien und Bulgarien sei zudem ein Mann verhaftet worden, der sechs Migranten in seinem Auto transportiert habe, teilte die Polizei mit. Zudem habe der Zoll bei Batrovci sieben Afghanen aufgegriffen, die sich in einem Lastwagen auf dem Weg in das EU-Land Kroatien versteckt hatten.
Geheime Routen
Schleuserbanden versprechen den Migranten, sie – auch nach Schliessung der Balkanroute im März durch mehrere Balkanstaaten – über unwegsames Gelände und geheime Routen nach Mitteleuropa zu befördern. Die Migranten stammen zumeist aus Pakistan, dem Irak und Afghanistan.
Die griechische Polizei entdeckt fast täglich Schleuser und Migranten auf dem Weg von der türkischen Grenze nach Westgriechenland. In Griechenland und Serbien sitzen zahlreiche Flüchtlinge auf dem Weg nach Mitteleuropa fest.