Italiens Defizit soll im nächsten Jahr 2,04 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Die nehmen es aber ganz genau, könnte man meinen, denn Italiens Regierung rechnet bis auf die zweite Stelle nach dem Komma. Doch diese Präzision ist trügerisch. Italiens Budget bleibt in zentralen Punkten vage.
So will die Regierung die teuren Wahlversprechungen erst ein bisschen später einführen. Doch dieser Verzögerungseffekt greift nur im nächsten Jahr. Ab 2020 muss der italienische Staat seine Versprechungen schon ab Januar finanzieren. Wird Italien die nötigen Mittel haben? Zudem ist im Budget nebulös von zusätzlichen Privatisierungen die Rede, die zwei Milliarden in Italiens Staatshaushalt spülen sollen. Ist das realistisch?
Gedämpfte Erwartungen
Tatsächlich sind die 2,04 Prozent Defizit ein äusserst mühsam konstruierter Kompromiss, den die Regierung in Rom nun ebenso mühsam als Erfolg zu verkaufen sucht. «Wir werden alle Versprechungen einhalten», sagte Premier Giuseppe Conte im Parlament.
Doch gemessen an den grossen Erwartungen, die Lega und Cinque Stelle im Wahlkampf geweckten hatten, ist der erzielte Kompromiss mager. Weder bekommen die Italienerinnen und Italiener die versprochene Flat-Tax (den einheitlichen und tiefen Steuersatz), noch wird die ungeliebte Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre generell zurückgenommen. Und der von den Cinque Stelle seit Jahren versprochene «reddito di cittadinanza», das Bürgergeld, ist längst kein bedingungsloses Grundeinkommen mehr, sondern nur noch ein ausgebautes Arbeitslosengeld.
Millionen enttäuschte Italiener
Das wird Millionen Italienerinnen und Italiener enttäuschen. Gemäss Umfragen leidet darunter derzeit vor allem die von Beppe Grillo gegründete Protestbewegung der Cinque Stelle. Das Bürgergeld war ihr zentrales Versprechen, mit dem sie vor allem in Süditalien viele Stimmen holte. Die zögerliche Umsetzung dieses Versprechens dürfte den Cinque Stelle schaden.
Der rechte Koalitionspartner Lega ist in einer besseren Lage. Denn Lega-Chef Matteo Salvini vertritt auch Themen, die den Staat wenig bis nichts kosten, zum Beispiel die restriktive Migrationspolitik. Mit diesem Thema hat Lega-Chef Salvini an Popularität gewonnen und die Fünf Sterne überflügelt. Das schwächt letztlich den Zusammenhalt dieser Koalitionsregierung.