Heute macht das UNO-Flüchtlingshilfwerk die Arbeit vor Ort in den Krisenregionen. Das UNHCR identifiziert die verletzlichsten unter ihnen. Das sind Kinder, allein reisende, schwangere Frauen oder traumatisierte Flüchtlinge. Nur diese Menschen kommen in Frage, um direkt nach Europa geflogen zu werden.
«Zusammen mit den Regierungen Libyens und Nigers und der Regierung des Tschad versucht das UNHCR solche Flüchtlinge in Libyen ausfindig zu machen», sagt Louise Donovan, Kommunikationschefin des UNHCR-Büro in Niger. Am letzten Samstag flog die erste Gruppe von 25 Menschen aus Libyen nach Niger, das Ziel ist die Weitrerreise nach Europa.
Das UNHCR schätzt, dass gegen 40'000 Flüchtlinge in Libyen leben, welche zu den Verletzlichsten gehören.
Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat das UNHCR nun erstmals europäische Asyl-Experten nach Niger eingeladen. Diese sollen vor Ort die Flüchtlinge interviewen und dann entscheiden, ob sie diese aufnehmen oder nicht.
Diese Woche komme bereits die erste Experten-Gruppe aus Frankreich, so Donovan. Dass französische und auch andere europäische Experten in diesem Rahmen nach Niger reisen, ist für sie ein wichtiger Schritt.
Frankreich prescht vor
Aber funktionieren wird das Ganze nur, wenn die EU-Mitgliedstaaten die Flüchtlinge auch übernehmen und genügend so genannte Resettlement-Plätze zur Verfügung stellen. «Das war bis anhin nicht der Fall und es bleibt die grosse Herausforderung», betont Louise Donovan. «Hochkommissar Filippo Grandi hat deshalb die Weltgemeinschaft und vor allem Europa eindringlich aufgefordert, so rasch als möglich 40'000 Flüchtlinge aus Nordafrika zu übenehmen.»
Frankreich spielt in diesem neuen Programm des UNHCR eine Vorreiterrolle. Doch hatte der französische Präsident Emmanuel Macron noch vor kurzem ehrgeizigere Ziele. Er lancierte die Idee von eigenen europäischen Asyl-Zentren in Niger und im Tschad. Auch der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz sprach schon von europäischen Hotspots in afrikanischen Ländern.
Deutschland winkt ab
In diesen Hotspots würden im Idealfall EU-Beamte selber Asylverfahren durchführen. Aber aus Deutschland, dem wichtigsten Land in der Flüchtlingskrise, kommen kritische Stimmen. So betont der persönliche Afrikabeauftragte von Angela Merkel, Günter Nooke, gegenüber Radio SRF: Zentren ja, aber die Migranten und Flüchtlinge wolle man lediglich beraten, mehr nicht.
Deutschland setzt vor allem auf Abwehr. Nooke will auch aus juristischen Gründen nichts von eigentlichen europäischen Asylzentren in Afrika wissen. Wenn EU-Beamte in afrikanischen Ländern Asylverfahren durchführten, würde es plötzlich sehr kompliziert.
Dazu fehlt mir jetzt die Fantasie, warum das so viel besser sein soll.
Man müss sich mit dem Staat, wo die Verfahren stattfinden, verständigen, sagt Noke. «Wer hat jetzt welche Autorität? Für wen gibt es was zu regeln? Ist es extraterritoriales Gebiet? Macht das der europäische Staat mit seinen Beamten oder macht es der afrikanische Staat im Auftrag europäischer Staaten. Dann müssten wir uns sozusagen in die Hände von Beamten in diesen afrikanischen Ländern begeben. Dazu fehlt mir jetzt die Fantasie, warum das so viel besser sein soll», sagt der Afrikabeautragte von Merkel.
So wird es solche Asylzentren oder auch Hotspots in afrikanischen Ländern so bald wohl nicht geben – Macron hin oder her. Trotz des dringlichen Aufrufs von Filippo Grandi wollen die Mitgliedstaaten nur bis zu 25'000 Flüchtlinge nach Europa einfliegen, das in den nächsten beiden Jahren.