Im Grunde hat Anna Amelia Matilda Katarina Andersdotter sehr Grosses vor: «Das Internet hat alles verändert, nur haben wir das noch nicht genug bemerkt», sagt das Gründungsmitglied der ersten Piratenpartei der Welt.
Das war 2006 in Schweden, wo Andersdotter nach der Matura Mathematik, Statistik und Handelsrecht studierte. Als Anhängerin eines freien Internets baute sie parallel ein europaweites Piraten-Netzwerk auf und lernte dabei neben ihrer Muttersprache Schwedisch sowie Englisch auch Spanisch, Rumänisch und Niederländisch.
«Europa ist für mich ein Raum der Freiheit und Möglichkeiten», sagt Andersdotter und fügt hinzu: «Ein freies Internet ist eine Voraussetzung dafür».
Fraktionsstärke angestrebt
Im Europaparlament engagiert sie sich seit ihrem Einzug als jüngstes Mitglied im Dezember 2011 für die Rechte der internationalen Hackergemeinde, und stösst damit immer wieder auf viel Widerstand. «Alleine auf weiter Flur kann ich natürlich nicht sehr viel bewirken», sagt sie und hofft, dass die Wähler ihren Einsatz trotzdem zu würdigen wissen:
Seit wir unsere Partei in Schweden gründeten, hat sich die Piratenbewegung über ganz Europa ausgeweitet.
Vor wenigen Wochen wurde deshalb in Brüssel auch eine gemeinsame europäische Piratenpartei gegründet – mit dem Ziel, bei den Europawahlen mit mindestens 25 Abgeordneten ins EU-Parlament einziehen zu können und damit als eigene Fraktion zu einem richtigen Machtfaktor zu werden.
Unorthodoxe Piraten-Politik
Als erste Vorsitzende dieser neuen Partei hat Andersdotter die Aufgabe, sowohl gegen innen wie auch nach aussen als Führungsperson und Sprecherin zu wirken.
Während sie als Piratin der ersten Stunde die interne Rolle sehr gut erfüllt und zwischen Athen und Reykjavik eine Vorbildfunktion einnimmt, tut sich die sich betont scheu gebende und oft etwas wirr auftretende Jungpolitikerin in der Öffentlichkeit schwer: «Ich kann meine Botschaften nicht in wenigen Worten zusammenfassen», sagt sie im Gespräch und bittet den Journalisten, ihre Gedankengänge und Ideen zusammenzufassen.
Wohl kaum mehr sieben Prozent Wähleranteil
Amelia Andersdotter, die in Schweden oft auch mit der Figur Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren oder der exzentrischen Hackerin Lisbeth Salander aus den Stieg-Larsson-Krimis verglichen wird, visiert den grossen (Wieder-)Einzug der Piraten unter ihrem Kommando an.
Dies könnte bei den EU-Wahlen aber kaum klappen. Vielmehr muss Andersdotter damit rechnen, ihr Büro Ende Mai wieder räumen zu müssen. Laut Meinungsumfragen wollen nur noch ein Prozent der Wählenden für die Internetpartei stimmen – bei den letzten Wahlen im Jahre 2009 waren es noch sieben Prozent gewesen.
(kurn;schj)