Tanja Klein glaubt nicht, dass die rechtspopulistischen Parteien im neuen Europäischen Parlament einen grossen Einfluss haben werden. «Das Phänomen ist nicht zu überschätzen», sagt die Politologin. Sie forscht an der Universität Basel über rechtspopulistische Parteien in Europa.
Zwar werden die Rechtspopulisten – falls sie sich tatsächlich zu einer gemeinsamen Fraktion zusammenschliessen – mehr Redezeit bei Debatten erhalten oder den Vorsitz von Ausschüssen übernehmen können. Doch Klein ist überzeugt: «Die Zusammenarbeit unter den Rechtspopulisten dürfte problematisch werden.» Zu unterschiedlich seien ihre Ausrichtungen und erklärten Ziele.
Allerdings wüssten diese Parteien sehr gut, wie sie ihre Auftritte für Propagandazwecke nutzen müssten. «Sie sind sehr stark in den Medien präsent.»
Mehr Probleme für die grossen Blöcke im Parlament
Die schiere Anzahl der EU-kritischen Vertreter im neuen Parlament wird es den grossen Fraktionen schwieriger machen, in einzelnen Fragen Mehrheiten zu erreichen.
Mit dem Zugewinn für die Rechtspopulisten mussten die beiden grössten Fraktionen – die Europäische Volkspartei und die Sozialdemokraten – Verluste hinnehmen. Ihnen würden deshalb in Zukunft die Mehrheiten fehlen, sagt Politologin Klein. «Europäische Volkspartei und Sozialdemokraten werden in Zukunft viel mehr miteinander kooperieren müssen als in der Vergangenheit.»
Einfache Lösungen propagiert
Wie aber kam es überhaupt zu dem grossen Zuwachs der rechten EU-Kritiker? «Die Rechtspopulisten schaffen es, scheinbar einfache Lösungen für die komplexen Probleme zu präsentieren», stellt Klein fest.
In vielen europäischen Ländern sei die Wirtschaftslage in Folge der Eurokrise weiterhin schlecht, viele Menschen seien durch hohe Arbeitslosigkeit und harte Sparprogramme direkt von der Krise betroffen. Hinzu komme die Angst vor der Zuwanderung. «Hier profitieren die Rechtspopulisten von den Zukunftsängsten der Menschen», so Klein.
Zudem seien die Wahlen zum Europaparlament in vielen Ländern seit je her Protestwahlen gegen die amtierenden Regierungen. Beide Faktoren hätten zu dem guten Abschneiden der rechtspopulistischen Parteien wie dem Front National in Frankreich, der Ukip in Grossbritannien oder der FPÖ in Österreich geführt.