In knapp drei Wochen findet in Rotterdam der Eurovision Song Contest (ESC) statt. Mit 180 Millionen Fernseh-Zuschauerinnen und Zuschauern ist es der grösste musikalische Wettbewerb der Welt.
Nicht wenige Interpreten nutzen dieses Podium deshalb für eine politische Botschaft. Das gilt auch für den niederländischen Interpreten. Allerdings wurde seine Botschaft ziemlich anders verstanden, als er gewollt und gehofft hatte.
Ein Lied mit kolonialen Tönen
Der niederländische Beitrag am diesjährigen ESC ist definitiv keine Herz-Schmerz-Schnulze. Vielmehr thematisiert Jeangu Macrooy in seinem Lied die Sklaverei-Vergangenheit in seiner Heimat Surinam.
Er singt von Rebellion und davon, dass in der ehemaligen niederländischen Kolonie die Helden zwar auf dem Scheiterhaufen gelandet, ihre Namen aber nicht vergessen seien. Und dass ein neues Zeitalter angebrochen sei.
«Yo No Man Broko Mi»
«Birth Of A New Age» lautet denn auch der Titel des niederländischen Beitrages. Zwischen den englisch gesungenen Zeilen hat Jeangu Macrooy ein paar Worte in Sranan-Tongo eingeflochten, in der einstmals verbotenen surinamischen Sklavensprache. «Yo No Man Broko Mi», singt Jeangu Macrooy, was so viel bedeutet wie «Du kannst mich nicht brechen».
Während die surinamische Gemeinschaft in den Niederlanden jubelte, weil einer der ihren am Songfestival vor einem so grossen Publikum einen Teil des Liedes in Sranan-Tongo singen wird, frotzelten Niederländer, dass dieses «Yo No Man Broko Mi» nichts anders heisse als «Du bist mein Brokkoli».
Supermarktkette springt auf – und rasch wieder ab
Das wiederum mobilisierte die grösste niederländische Supermarktkette, die das grüne Gemüse sogleich zum Aktionspreis anbot und im Inserat über einem Foto mit zwei Brokkoli-Strünken schrieb: «Hast du nach dem Hören unseres Songfestival-Liedes auch so Appetit bekommen?»
Die surinamische Gemeinschaft reagierte wütend. Viele fanden die Reklame mehr als geschmacklos. Es sei wiedermal typisch: Statt sich ernsthaft mit ihnen und der Sklaverei-Vergangenheit auseinanderzusetzen, würden Witze über sie gemacht und das Ganze kommerziell ausgeschlachtet. Die Supermarktkette hat die Reklame inzwischen zurückgezogen und sich entschuldigt. Damit hat sich der Sturm der Entrüstung etwas gelegt.
Sinneswandel dank «Brokkoli-Gate»?
Doch zu denken, dass sich durch dieses «Brokkoli-Gate» mehr Menschen mit der niederländische Kolonial-, respektive Sklaverei-Geschichte auseinandersetzen würden, ist – eine Illusion. Vielleicht würde ein Umdenken einsetzen, wenn Jeangu Macrooy mit seinem politischen Statement den Eurovision Song Contest gewinnen könnte.