- Der ehemalige österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist wegen Untreue bei einer Immobilientransaktion rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
- Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat den erstinstanzlichen Schuldspruch in den Kernvorwürfen bestätigt, aber die Länge der Strafe halbiert.
- Das Verfahren um den Fall von Karl-Heinz Grasser gilt als der grösste Korruptionsprozess der Justizgeschichte Österreichs.
Der ehemalige FPÖ-Politiker war von der Vorinstanz im Jahr 2020 im Zusammenhang mit dem Verkauf von etwa 60'000 staatlichen Wohnungen schuldig gesprochen worden. Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass im Zuge dieser Privatisierung insgesamt 9.6 Millionen Euro an Bestechungsgeld vom erfolgreichen Bieter über Steueroasen an Grasser und andere verurteilte Angeklagte flossen.
Der Oberste Gerichtshof OGH hielt fest, dass Grasser diese Summe – etwa ein Prozent des Verkaufserlöses – selbst gefordert hatte. Der OGH bestätigte auch die Verurteilung Grassers wegen Unregelmässigkeiten rund um den Mietvertrag einer Finanzbehörde. «Es handelt sich um schwerwiegende Straftaten mit schwerwiegenden Folgen», sagte die Vorsitzende Richterin des OGH. «Das ist in Österreich bisher beispiellos.»
Grassers Anwälte hatten vor dem Obersten Gerichtshof von einem politischen Urteil gesprochen. Sie zweifelten die Objektivität der Erstrichterin an, weil sich ihr Ehemann auf X negativ über Grasser geäussert hatte. Der Oberste Gerichtshof betonte hingegen, dass Richterinnen und Richter in der Lage seien, trotz solcher Meinungsäusserungen objektive Urteile zu fällen.
Grasser will sich weiter wehren
Der Oberste Gerichtshof habe ein «Fehlurteil» gesprochen, das Recht und Gerechtigkeit verletzte, sagte Grasser. Er kündigte eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Dieser Schritt bewirkt aber keinen Aufschub der Haftstrafe.