Um was geht es? Der genaue Ursprung des Coronavirus bleibt unklar. Nach China kann das so bleiben. Das Land will weitere Untersuchungen vor Ort der Weltgesundheitsorganisation WHO verhindern. Ein sogenannter Schweizer Biologe unterstützte nun mit einem Beitrag auf Facebook die Position Chinas. Nur existiert dieser Herr gar nicht. Dieses Narrativ der chinesischen Behörden wurde von den Staats- und Parteimedien sowie auf den sozialen Medien verbreitet. Damit will China die Tätigkeiten der WHO als politisch motiviert präsentieren.
Wie lauteten die Aussagen des gefakten Biologen? Quellen der WHO hätten dem Biologen namens Wilson Edwards bestätigt, dass die USA besessen davon seien, die WHO unter Druck zu setzen. Sie hätten so China angreifen wollen, was den Ursprung der Pandemie betrifft. Von wem genau diese Aussagen stammen, kann nicht mit abschliessender Sicherheit gesagt werden. Die Aussagen des Facebook-Posts von Edwards sind nicht mehr abrufbar. Chinesische Medien hätten auch begonnen, die Zitate zu löschen, sagt China-Korrespondent Martin Aldrovandi.
Warum weiss man, dass der Mann nicht existiert? Die Schweizer Botschaft in Peking hat sich gestern mit einer Stellungnahme dazu geäussert. Auf Twitter hat sie erklärt, es gebe keinen Schweizer Staatsbürger und keine akademischen Artikel in seinem Forschungsfeld unter diesem Namen. Die Botschaft bat die Medien und Online-User, die Geschichte zu entfernen und eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Zudem war das Facebook-Profil von Edwards sehr neu und hatte nur drei Freunde.
Wie haben chinesische Online-User reagiert? Die Schweizer Botschaft veröffentlichte die Stellungnahme laut Aldrovandi auch auf Weibo, das chinesische Pendant zu Twitter. Dieser Beitrag sei rege gelikt und kommentiert worden. «Ich habe über 4000 Kommentare gezählt. Die meisten machen sich über die chinesischen Medien lustig.» Mit vielen Wortspielen hätten User ironisch und indirekt, aber trotzdem deutlich, über die Medien und die Regierung gespottet.
Wie typisch ist diese Fake-News-Informationspolitik in China? Wie und wie schnell dieser Fall aufgedeckt worden sei, mache ihn speziell und peinlich, so der China-Korrespondent. «Das Ganze reiht sich schon ein in eine sehr selektive Nachrichteninformationspolitik in China.» Die Zensur in China zeige, wie die Medien der Linie der Partei folgen und folgen müssen. Oder wie sie, wie in diesem Fall, eine inexistente Person zitieren, die jedoch die offizielle chinesische Seite unterstützt. Das sehe man, so Martin Aldrovandi, auch bei ausländischen Personen, die oft zitiert würden, solange sie die chinesische Position unterstützen.