Das ist die Einigung: Horst Seehofer (CSU) hat Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maassen wegbefördert. Seehofer bleibt Bundesinnenminister. Die SPD bleibt in der Regierungskoalition. Und Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin.
Die deutsche Regierung hat die Kurve gerade noch gekriegt. Wieder war es eine brenzlige Situation. Vor zwei Monaten raste diese Regierung wegen Differenzen zwischen Merkel und Seehofer über die Abweisung registrierter Flüchtlinge auf den Abgrund zu.
Diesmal war es wegen umstrittenen Aussagen eines hohen Beamten. Anstatt den Fall von Anfang an sachlich und pragmatisch zu lösen, stellten sich die Regierungsparteien gegenseitig Ultimaten: Seehofer drohte, er werde allenfalls zusammen mit Maassen untergehen. Und Andrea Nahles (SPD) kündigte den Austritt aus der Regierung an, falls Massen Chef des Verfassungsschutzes bleibt.
Alles oder nichts. Schwarz oder weiss.
Die harten Fronten in der Bundesregierung sind Ausdruck der Stimmung auf der Strasse. Die Schreckensmeldungen von tödlichen Messerstechereien und Schlägereien in Chemnitz und Köthen haben die Debatte aufgeheizt.
So sehr, dass Diskussionen über Flüchtlinge und Zuwanderung Freundschaften zerreissen und Familienfeste vorzeitig beenden. Beides habe ich in den letzten zwei Wochen in Berlin im Bekanntenkreis miterlebt.
Anstatt diesen Brand zu löschen, heizt die Regierung das Feuer weiter an, legt Brennholz nach und bläst frontal in den Brandherd.
In der Grossen Koalition geht es um Deutungshoheit, um Eigeninteressen und um die Profilierung zweier Parteien, die an einem historischen Wählerschwund leiden.
Blockierte Bundeskanzlerin
Und Kanzlerin Angela Merkel? Sie muss tatenlos zuschauen, weil sie ohne CSU und ohne SPD nicht mehr regieren kann.
In der letzten Grossen Koalition hätte die Kanzlerin solche Probleme noch still und alleine geregelt. Aber die dramatischen Wählerverluste in der Bundestagswahl 2017 und der Aufschwung der AfD im Zuge der Flüchtlingskrise haben aus der einst so starken Kanzlerin eine zahnlose Regierungschefin auf Zeit gemacht.
Merkel hat die Zügel der Regierungskutsche nicht mehr in der Hand. Rechts und links von ihr zerren und reissen CSU und SPD – und die Kanzlerin muss hoffen, dass die beiden Parteien kurz vor dem Abgrund doch noch einlenken.
Das nächste Problem kommt bestimmt. Und mit diesem die nächste Krise. Lange wird diese Fahrt nicht mehr gut gehen.