Es dürfte in Europa einmalig sein, dass eine Partei drei Wahlen hintereinander so hoch gewinnt. Wie ist das möglich?
Zunächst durch positive Wirtschaftsdaten. Das Wirtschaftswachstum ist solid. Die Arbeitslosigkeit sank von über 10 Prozent im Jahr 2013 auf unter 4 Prozent. Doch darüber sprach Viktor Orban kaum. Stattdessen warnte er ohne Unterlass vor Flüchtlingen (die es in Ungarn kaum gibt), dem amerikanisch-ungarischen Milliardär George Soros (der in Ungarn demokratiefreundliche Organisationen unterstützt) und «Brüssel», von wo aus die Europäische Union jedes Jahr über 4 Milliarden Euro nach Budapest überweist.
Kein Vergleich mit Putin oder Erdogan
Am Freitag sagte Orban in Székesfehérvár: «Sie wollen uns unser Land wegnehmen. Personen im Sold fremder Mächte wollen bei uns Leute an die Macht bringen, die dann unseren Grenzzaun abbauen werden.»
Mit diesem kruden Populismus und einem Wahlsystem, das die Regierungspartei krass bevorteilt, gewann Fidesz erneut triumphal. Und dies obwohl die Demokratie, das Gesundheits- und das Bildungswesen in Ungarn in einem miserablen Zustand sind. Unabhängige Medien gibt es in kaum noch. Die Korruption grassiert. In seinen acht Jahren an der Macht hat Viktor Orban seinen Freunden und seinem Schwiegersohn schamlos Staatsaufträge zugeschanzt.
Trotzdem: Wer Viktor Orban mit Vladimir Putin und Recep Erdogan vergleicht, trifft die Sache nicht. Der Grund: In Ungarn sitzt (bisher) kein einziger Regierungskritiker im Gefängnis und kein einziger Journalist wurde ermordet. Allerdings viele Ungarinnen und Ungarn fürchten jetzt, dass sich das bald ändern wird.
In seiner Rede zum Nationalfeiertag am 15. März drohte Viktor Orban seinen Gegner unverhohlen mit einem Rachefeldzug als er sagte: «Nach den Wahlen werden wir selbstverständlich Genugtuung nehmen, moralische, politische und auch juristische Genugtuung.»
Werden Kritiker künftig sanktioniert?
Viele Ungarinnen und Ungarn verstehen dies so, dass Orban nach diesem Wahlsieg die Weichen so stellen könnte, dass Kritiker und Andersdenkende künftig sanktioniert oder sogar ins Gefängnis gesteckt werden könnten. Die Frage ist jetzt: Wie weit geht Viktor Orban bei der Umsetzung seines Ziels, der Errichtung einer «illiberalen Demokratie»?
Viktor Orban muss jetzt beweisen, dass er Demokratie und Grundrechte respektiert. Sonst wird er sich und sein Land aus der europäischen Wertegemeinschaft ausschliessen.