- Nach nur wenigen Minuten war der erste Tag im Prozess um den WM-Skandal in der Schweiz wieder beendet. Die Richterin vertagte die Verhandlung auf Mittwoch.
- Die früheren DFB-Funktionäre und der ehemalige Generalsekretär des Fussball-Weltverbandes FIFA, Urs Linsi, sind wegen Betrugs angeklagt.
Der Andrang am Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona war immens, er veranschaulichte die Strahlkraft des Prozessauftakts im Sommermärchen-Skandal – und dann war nach gut 20 Minuten schon wieder alles vorbei. Zumindest vorerst.
Aufgrund der Abwesenheit der drei angeklagten Ex-Funktionäre des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) ist die für Montag geplante Eröffnung des Hauptverfahrens im Skandal um die Heim-WM 2006 auf Mittwoch verschoben worden. Aber dennoch lief für die abwesenden Beschuldigten nicht alles nach Wunsch.
Grund für das Nichterscheinen der Angeklagten
Wie zuvor angekündigt blieben die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (74) und Wolfgang Niersbach (69) sowie der ehemalige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt (78) dem Prozessauftakt im Tessin aus gesundheitlichen Gründen sowie der Sorge vor dem Coronavirus fern. Laut Richterin Sylvia Frei hätten diese aber trotz eingereichter Arztzeugnisse «unentschuldigt» gefehlt. Zwanziger sagte auf Anfrage bereits, dass er auch am Mittwoch nicht nach Bellinzona reisen werde.
Nach Ansicht der Richterin hätten die Beschuldigten im Kantonsspital Bellinzona ihre Gesundheit überprüfen lassen können, deshalb erhalten sie nun die Möglichkeit, das bis Mittwoch zu tun. Lediglich der ebenfalls angeklagte frühere FIFA-Generalsekretär Urs Linsi (70) war am Montagmorgen erschienen.
Schweizer Justiz unter Zeitdruck
Durch die Vertagung gerät die Schweizer Justiz weiter unter Zeitdruck. Bis zum 27. April muss ein erstinstanzliches Urteil vorliegen, um die Verjährung zu vermeiden. Das Bundesstrafgericht hatte jedoch bereits für die mögliche Abwesenheit von Angeklagten vorgesorgt und den zweiten Vorladungstermin am Mittwoch frühzeitig festgelegt. Sollten Angeklagte auch diesem Termin fernbleiben, wird der Prozess in ihrer Abwesenheit stattfinden.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) hatte das Verfahren am 6. November 2015 eröffnet. Sie wirft Niersbach, Zwanziger, Schmidt und Linsi vor, über den eigentlichen Zweck einer Zahlung aus dem Jahr 2005 in Höhe von 6.7 Millionen Euro vom DFB an den Weltverband FIFA getäuscht zu haben.
Die Beschuldigten haben den Vorwurf stets bestritten. Bereits im vergangenen Sommer hatte die BA das Verfahren gegen den früheren OK-Boss Franz Beckenbauer (74), eigentlich die zentrale Figur im Sommermärchen-Skandal, abgetrennt. Grund war der gesundheitliche Zustand Beckenbauers.