Was für eine Inszenierung: Nicht am Nato-Hauptsitz in Brüssel dürfte heute die Aufnahme Finnlands besiegelt worden sein, auch nicht in der finnischen Hauptstadt Helsinki, sondern in Istanbul, der türkischen Metropole, der ehemaligen Hauptstadt des Osmanischen Reichs. Dort hatte der finnische Präsident Sauli Niinistö eine Audienz beim türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan. Ein Gespräch unter Männern.
Was für eine Machtdemonstration
Die Botschaft Erdogans: Er will nun grünes Licht geben – und «so Gott will» werde das türkische Parlament dem Nato-Beitritt Finnlands bald zustimmen. Wie bereits in den vergangenen Tagen bekannt geworden war, ist ein solcher Entscheid Ende Monat auch aus Ungarn zu erwarten.
Damit hätten dann alle 30 Nato-Staaten den finnischen Beitritt ratifiziert, und er könnte noch vor den Wahlen in Finnland am 2. April und jenen in der Türkei am 14. Mai rechtskräftig werden.
Kurz vor der Präsidentschaftswahl zeigt Erdogan, dass er den finnisch-schwedischen Wunschplan einer gemeinsamen Aufnahme durchkreuzt hat. Er zeigt sich grosszügig gegenüber Finnland, hält aber den Widerstand gegen Schweden vorderhand aufrecht. Zumal er das Land der Unterstützung der verbotenen kurdischen Organisation PKK bezichtigt. Erdogan zeigt der Nato, dass er von seinem Veto nach eigenem Gutdünken Gebrauch macht, dass er unverzichtbar ist für die USA und die anderen Nato-Staaten.
Ein guter Tag für die Nato – trotz allem
Auch wenn sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Aufnahme Finnlands anders vorgestellt hat: Sein Militärbündnis bekommt ein neues Mitglied mit einer riesigen Reservearmee; etwa 900’000 Finninnen und Finnen stünden im Kriegsfall unter Waffen. Finnlands Aufnahmewunsch ist getrieben von der Angst vor dem gefährlichsten Widersacher der Nato, vor Russland, mit dem Finnland eine 1300 Kilometer lange Grenze teilt.
Mit der beantragten, aber noch nicht vollzogenen Aufnahme befindet sich das Land in einer unangenehmen Lage. Zwar haben die USA und andere Nato-Staaten Finnland für den Fall eines Angriffs bereits militärischen Beistand zugesichert. Doch die formelle Beistandspflicht der Nato-Staaten mit ihren derzeit 3.3 Millionen Soldatinnen und Soldaten gilt erst, wenn Finnlands Mitgliedschaft besiegelt ist.
Endgültig wäre damit auch die Erkenntnis, dass der russische Präsident Putin ein weiteres seiner Ziele im Krieg gegen die Ukraine verfehlt hat. Schliesslich wollte er die Nato schwächen, hat sie nun aber mit dem Beitritt Finnlands – von Erdogans Gnaden und «so Gott will» – gestärkt und vergrössert.