Nachdem im September das griechische Flüchtlingslager Moria komplett abgebrannt war, wurde ein Teil der dort lebenden Menschen in das neu geschaffene Camp Kara Tepe gebracht. 7300 Männer, Frauen und Kinder leben nun dort in Zelten – unter widrigen Bedingungen, wie Aufnahmen in den Sozialen Medien zeigen.
Diese Woche wurde publik, dass eine Dreijährige blutend auf einer Toilette in Kara Tepe gefunden worden ist. Der Verdacht bestehe, dass das Mädchen vergewaltigt wurde, teilten Hilfsorganisationen und das griechische Migrationsministerium mit. Der Fall soll nun von einem Gerichtsmediziner untersucht werden.
Panik im Lager
Franziska Grillmeier ist freie Journalistin und berichtet aus Lesbos. Die Situation im Camp sei sehr angespannt, sagt sie. «Wir hatten viele Tage von Regen und Sturm auf der Insel. Dann erreichte uns in der Nacht auf Montag diese Nachricht über das Mädchen.» Viele Bewohnerinnen und Bewohner seien in Panik ausgebrochen.
Allerdings seien sexuelle Gewalt und Übergriffe auf Kinder und junge Männer und Frauen nicht neu: «Sie haben in den letzten Jahren schon immer stattgefunden aufgrund der Lagerbedingung, die die Menschen in unhaltbaren Zuständen zusammendrängt.»
«Nach dem Brand in Moria waren die geflüchteten Menschen erneut auf der Flucht, waren mehrere Tage auf der Strasse, bevor sie mit grossem Widerwillen in das Lager Kara Tepe gingen», so Grillmeier. Widerwillen, weil sie befürchtet hätten, eingeschlossen zu werden und medizinischer und rechtlicher Unterversorgung ausgesetzt zu sein: «Diese Angst hat sich jetzt für viele bewahrheitet.»
Kein fliessendes Wasser
Es gebe auf dem Militärflugplatz, wo das neue Lager errichtet wurde, keine durchgängige Elektrizität und kein fliessendes Wasser, sagt die Journalistin. «Die Leute haben zum Teil seit dem Feuer im September nicht mehr heiss geduscht.» Der Kontakt nach aussen und in die Heimat sei schwierig, WLAN gebe es nicht.
Zudem sind die Menschen in ihren Zelten schlecht vor Wind und Regen geschützt. «Kara Tepe liegt direkt an einer Meerschneise und im Ostwind. Es kam immer wieder dazu, dass Zeltstangen weggeflogen sind oder Wasser in die Zelte eingedrungen ist.»
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat angekündigt, in den nächsten Monaten verstärkt daran zu arbeiten, dass die Menschen der Nässe nicht mehr ausgesetzt sind. «Man hat Europaletten unter die Zelte geschoben und versucht, die Elektrizität so weit zu stabilisieren, dass man mal einen Heizstrahler anschalten kann. Aber es gibt keine Heizmöglichkeiten. Die Leute wärmen das Wasser am offenen Feuer auf, um mal Kleider zu waschen», so Grillmeier.
Die Corona-Pandemie komme erschwerend dazu: Die Menschen dürften das Lager nur noch einmal in der Woche verlassen. Man hoffe, dass die EU-Taskforce, die mit dem griechischen Migrationsministerium zusammenarbeitet, versuche, die Migranten und Flüchtlinge in Wohncontainer, sogenannte Iso-Boxen, umzusiedeln, sagt Grillmeier. «So, wie es jetzt ist, können die Menschen diesen Winter nicht überstehen.»
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