Im nordindischen Himalaya-Gebirge gelten nach einer Sturzflut mehr als 170 Menschen vermisst, mindestens 26 Menschen wurden bereits tot geborgen. Die Hintergründe der Katastrophe beleuchtet SRF-Südasien-Korrespondent Thomas Gutersohn.
SRF News: Weshalb ist es zu der verheerenden Sturzflut gekommen?
Thomas Gutersohn: Der Ursprung der Sturzflut liegt so weit oben im Himalaya-Gebirge, dass man das nicht genau weiss. Entweder wurde sie von einem Gletscherabbruch verursacht, von einer Lawine, die einen Gletschersee zum Überlaufen brachte oder durch den Bruch eines natürlichen Damms weit oben im Gebirge.
In der Region gibt es sehr viele Staudämme – entlang jedes Flusses in Nordindien sieht man alle paar Kilometer einen solchen. Das hat mit dem indischen «Energiehunger» zu tun. Doch damit man mit den Flusskraftwerken Strom produzieren kann, müssen viele Flüsse begradigt werden, was wiederum die Risiken für Flutkatastrophen vergrössert.
Unter den Getöteten und Vermissten sind vor allem Arbeiter der Elektrizitätswerke. Was ist mit der lokalen Bevölkerung?
Am Ende wird es wohl auch unter der Bevölkerung Todesopfer zu beklagen geben. Allerdings lebt sie in den Dörfern meist mehrere hundert Meter oberhalb der Flüsse an den Berghängen – schliesslich kennen sie die alljährlichen Fluten infolge der Monsun-Regenfälle.
Es gibt keine Warnsysteme, um die Bevölkerung vor solchen Sturzfluten zu warnen und allenfalls zu evakuieren.
Was unternehmen die Behörden, um die Vermissten zu finden?
Es sind Rettungsaktionen im Gang, das Militär ist mit Spezialtruppen und Helikoptern im Unglücksgebiet aktiv. Indien hat viel Erfahrung mit solchen Hochwassern und ist beim Katastrophenmanagement relativ gut ausgestattet. Wo es fehlt, ist bei der Prävention: So gibt es keine Warnsysteme, um die Bevölkerung vor solchen Sturzfluten zu warnen und allenfalls zu evakuieren.
Das Gespräch führte Teresa Delgado.