In einem langen Brief verweigern die Republikaner die Zusammenarbeit mit dem Repräsentantenhaus in der Ukraine-Affäre. Was das für das Impeachment und den Präsidenten bedeutet, erläutert der Politologe Thomas Jäger.
SRF News: Unser Korrespondent in den USA bezeichnet den Brief als Kriegserklärung an die Demokraten. Sehen Sie das auch so?
Thomas Jäger: Das stimmt. Die amerikanische politische Ordnung geht davon aus, dass die Regierung akzeptiert, dass sie vom Parlament kontrolliert wird. Regierungen lassen sich nie gerne kontrollieren, aber hier weigert sich eine, die parlamentarische Kontrolle zuzulassen und das kann man nicht anders bezeichnen als eine Kriegserklärung gegenüber dem Parlament. Das ist Teil der Politik der maximalen Polarisierung, die Trump betreibt.
Trump hat eine ganze Reihe von Schritten unternommen, bei denen man dachte, er provoziere ein Impeachment geradezu.
Die Demokraten möchten Informationen, aber das Weisse Haus will nichts herausgeben. Was können die Demokraten tun?
Sie können versuchen, die Unterlagen auf strafrechtlichem Weg einzufordern. Das müsste aber über das Justizministerium laufen. Dort sitzt ein ganz enger Verbündeter von Trump.
Trump hat nun auch die Demokraten dazu gebracht, als Spalter der Gesellschaft aufzutreten.
Oder sie könnten in einem langwierigen Prozess die zivilen Gerichte anrufen und versuchen, die Unterlagen durch Klagen zu erwirken. Deshalb haben die Demokraten öffentlich das Thema Beugehaft ins Spiel gebracht. Die Sicherheitsdienste des Kongresses könnten Berater oder Anwälte des Präsidenten, die nicht aussagen wollen, im Kongress festhalten, bis die Unterlagen übergeben werden. Das wäre aber eine enorme Verschärfung dieses Prozesses.
Was bedeutet das für das politische Klima in den USA?
Das ist das Schlimme an diesem ganzen Prozess. Trump war nie ein Versöhner und er hat nun auch die Demokraten dazu gebracht, als Spalter dieser Gesellschaft aufzutreten. Das Ergebnis wird sein, dass wir 2020 einen brutalen Wahlkampf erleben werden. Die beiden Seiten werden sich gegenseitig absprechen, amerikanisch zu sein. Die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft wird weiter zunehmen.
Hat Trump erreicht, dass man nicht mehr über Sachpolitik spricht, sondern nur noch auf dieser Ebene diskutiert?
Völlig richtig und das war auch seine Absicht. Deswegen hat er auch eine ganze Reihe von Schritten unternommen, bei denen man dachte, er provoziere ein Impeachment geradezu. Er wollte die Demokraten dazu bringen, dass sie sich auf seine Art und Weise der politischen Auseinandersetzung einlassen.
Könnte man sagen, er habe die Diskussion clever auf die Ebene «Ich habe recht – du hast unrecht» transferiert?
Ja, darin ist er Meister. Momentan ist niemand sichtbar, der ihm in der Kommunikation den Platz streitig machen könnte. Seit Jahren bestimmt Trump, über welche Themen und wie darüber gesprochen wird. Insofern ist er – so paradox es klingen mag – der Gewinner dieses Prozesses, unter der Voraussetzung natürlich, dass er die Wahlen gewinnt.
Wertfrei betrachtet ist Donald Trump ein ausgezeichneter politischer Kommunikator.
Aus politischer Sicht läuft es also nicht schlecht für Trump?
Trump ist völlig kenntnisfrei, wenn es um internationale Konflikte geht. Aber er hat ein enormes politisches Gespür und das ist das Feld, auf dem er sich am wohlsten fühlt. Dazu macht er etwas, was die Präsidenten vor ihm nicht gemacht haben: Er führt permanenten Wahlkampf. Wertfrei betrachtet ist er ein ausgezeichneter politischer Kommunikator. Diese Beurteilung hat mit der inhaltlichen Ausgestaltung seiner Politik allerdings wenig zu tun.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.