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Folgen von Trumps Politik «Die Universität ist gespalten, was die beste Reaktion wäre»

US-Präsident Donald Trump und seine Entourage setzen ihre Agenda rigoros um, auch an den Universitäten. Institute, die nicht auf Trump-Kurs sind, müssen damit rechnen, dass ihnen der Geldhahn zugedreht wird. Wie gehen die Betroffenen damit um? Soziologieprofessor Andreas Wimmer von der Columbia Universität gibt Auskunft.

Andreas Wimmer

Professor an der Columbia University

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Andreas Wimmer ist Professor für vergleichende und historische Soziologie an der Columbia-Universität in New York. Er stammt aus Schaffhausen.

SRF News: Spüren Sie bereits den Einfluss Trumps in der Forschung?
Andreas Wimmer: Bei der eigentlichen Forschung nicht. Bislang gab es keine Vorgaben, was geforscht werden darf oder wie es erforscht werden soll. Aber natürlich wirken sich die Kürzungen, die der Columbia-Universität angedroht wurden, stark auf das Klima an der Universität aus. Und es herrscht eine allgemeine Verunsicherung und grosse Empörung darüber, dass sich die Regierung in die inneren Angelegenheiten einzumischen versucht. Es wurden ja auch Forderungen von Behörden gestellt, die Studentenzulassung beeinflussen zu wollen.

Alle befürchten, dass die Regierung versuchen wird, auch auf die Inhalte der Forschung Einfluss zu nehmen.

Fügt man sich oder gibt es Widerstand?

Die Universitätsleitung versucht der Administration darzulegen, dass wir vieles bereits erfüllt haben. Viele der Professoren und der Studierenden sind allerdings der Meinung, dass die Universitätsleitung viele dieser Forderungen öffentlich zurückweisen sollte. Intern ist die Universität gespalten, was die beste Reaktion in dieser Situation wäre.

Ein Polizist in Ausrüstung steht vor dem Eingang der Universität
Legende: Nachdem einer der studentischen Anführer der propalästinensischen Demonstrationen verhaftet wurde, kam es an der Columbia Universität zu Protesten. REUTERS/David Dee Delgado

Ist die Forschungsfreiheit in den USA unter Trump und seinen rechtsreligiösen Republikanern langfristig in Gefahr?

Das befürchten alle, dass das nur die ersten Schritte sind und dass die Regierung versuchen wird, auch auf die Inhalte der Forschung Einfluss zu nehmen, so wie es beispielsweise in definitiv autoritären Regimes der Fall ist. Ob es dazu kommt, das weiss ich nicht. Aber viele, welche aus der Perspektive der Regierung zu nicht opportunen Themen forschen, sind besorgt.

Stellen Sie sich vor, wenn die religiösen Kreise, welche zu der Basis des gegenwärtigen Regimes gehören, Einfluss auf die Astrophysik nehmen würden.

Hätte das gravierende Folgen für den Wissenschaftsbetrieb?

Ja. Stellen Sie sich vor, wenn die religiösen Kreise, welche zu der Basis des gegenwärtigen Regimes gehören, Einfluss nehmen würden auf die Astrophysik, auf Fragen der Entstehung des Universums und so weiter. Man kann sich gar nicht ausmalen, in welchem Ausmass dies die Forschung zerstören würde.

Es heisst, das Pendel schlage zurück, nachdem die Universitäten es beispielsweise mit ihrer Antidiskriminierungs­politik übertrieben hätten. Sehen Sie das auch so?

Es gibt gewisse Kreise, die eine bestimmte Art, die amerikanische Gesellschaft aus der Perspektive von Rassenungleichheit oder Geschlechterungleichheit zu beschreiben, bevorzugen.

Wie ich es sehe, wird die Forschungs- und Meinungsfreiheit in den USA sowohl von Rechtsaussen als auch von Linksaussen bedroht.

Diese Kreise haben einen Marsch durch die Institutionen gemacht und ebenfalls dazu beigetragen, dass die Forschungs- und Meinungsfreiheit eingeschränkt wurde, diesmal aber von einer linksidentitären Position. Wie ich das sehe, wird die Forschungs- und Meinungsfreiheit in den USA sowohl von Rechtsaussen als auch von Linksaussen bedroht.

Vor kurzem hiess es noch, die sogenannten Linksidentitären verhielten sich intolerant. Konservative dürften nicht mehr sagen, was sie denken. Und nun schränken ausgerechnet diese Konservativen das Recht auf freie Meinungsäusserung ein?

Ja, genau, es ist eine spiegelbildliche Umkehrung. Und die Intoleranz, die tatsächlich existiert und die auch institutionell an den Universitäten verankert ist, die wird einfach übernommen. Und auf der Strecke bleibt die ergebnisoffene, pluralistische Forschung.

Das Gespräch führte Iwan Liebherr.

Echo der Zeit, 17.03.2025. 18:00 Uhr ; 

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