Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird zum besten Feind der FPÖ. Obwohl die Partei nicht mehr in der Opposition, sondern Teil der rechtskonservativen Regierungskoalition ist. Seit Wochen feuert die Rechtspartei gegen den ORF. Diesmal aber könnte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu weit gegangen sein.
In der Nacht auf Dienstag postete Strache auf Facebook ein Bild, das den ORF-Moderator Armin Wolf mit einer Illustration von Pinocchio in der Hand zeigt. Dazu der Satz: «Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF.» Wolf will nun gegen Strache klagen.
Der ORF wies die «pauschalen Anschuldigungen und Unterstellungen gegenüber seinen Redaktionen sowie gegen Armin Wolf persönlich auf das Schärfste zurück», so ein Sprecher.
Strache seinerseits überarbeitete seinen Facebook-Post und bezeichnete ihn als «überzogene Satire». Zudem entschuldigte er sich bei ORF-Moderator Wolf, den er nicht habe persönlich angreifen wollen.
Seine Kritik an den «Zwangsgebühren» für den ORF bekräftigte der amtierende Vizekanzler aber: «Es herrscht Handlungsbedarf für eine rasche und nachhaltige ORF-Reform.»
Eine «handzahmere» Berichterstattung
SRF-Auslandredaktor Joe Schelbert ist profunder Kenner der österreichischen Politik. Das Motiv der FPÖ für die orchestrierte Attacke auf den ORF sieht Schelbert darin, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen: «Je stärker man powert und vermeintliche Fehlleistungen anprangert, desto mehr drängt man die Leute im ORF in die Defensive.»
Die FPÖ hoffe, dass die Journalisten des ORF beim nächsten Interview etwas handzahmer seien oder ein delikates Thema gleich ganz unter den Tisch fallen liessen. Schliesslich geht es den FPÖ-Vertretern auch um den «Vorführeffekt»: «Die Partei will die Gebühren für Radio und Fernsehen abschaffen, und dazu wird der Öffentlichkeit quasi vorgeführt, dass es der ORF nicht kann.»
«Parteipolitisierter» ORF
Allerdings: Der ORF erhält nicht nur von der Rechtspartei Gegenwind. «Alle Parteien machen Druck, und das ist das eigentliche Problem.» Denn der öffentliche-rechtliche Rundfunk in Österreich sei «parteipolitisiert», berichtet Schelbert. Je nach politischer Grosswetterlage gibt es in der Teppichetage Personalrochaden.
In Kürze werden die Stiftungsräte, die die Aufsicht über den ORF haben, ausgewechselt. Laut Stiftungsstatut stellen Regierung, Landesregierungen und Parteien 24 der 35 Stiftungsräte.
Die Politik interessiert sich gar nicht für den Service public, sondern bloss für den Einfluss auf die politische Berichterstattung.
Für Schelbert ist klar, dass die derzeit dominierenden politischen Kräfte ihren Einfluss spielen lassen werden: «Da gibt es für die an der Macht schnell eine Mehrheit. Und dann rollen in der ORF-Führung wieder Köpfe und Abteilungsleiter werden ausgewechselt.»
Dies passiere unabhängig davon, ob die Regierung links oder rechts sei: «Alt-Kanzler Alfred Gusenbauer, ein Sozialdemokrat, hat einmal gesagt, die Politik interessiere sich gar nicht für den Service public, sondern bloss für den Einfluss auf die politische Berichterstattung. Da liegt das Problem.»
Die neue rechtskonservative Regierung hat schon angekündigt, sie wolle in einer «Medienenquete» eruieren, den ORF neu zu organisieren.