USA-Experte Arthur Honegger hat die Fragen der SRF-User zum Impeachement von Donald Trump live auf Facebook beantwortet. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Könnte Trump 2024 antreten?
Ja, ausser es kommt zu einer Aburteilung – entweder im Rahmen des Impeachment, wenn es im Senat durchkommt, oder durch den 14. Verfassungszusatz. Im Prinzip steht es Trump frei, nochmals anzutreten. Eine wichtige Frage hier wäre allerdings: Was passiert in der Zwischenzeit?
Es gibt noch juristische Probleme, welche die Zeit vor seiner Präsidentschaft betreffen, wie z.B. Steuerprobleme im Staat New York. Es stehen zudem noch offene Vorwürfe zu sexuellen Belästigungen im Raum, ebenso zu Korruption und Amtsmissbrauch in den letzten vier Jahren. Ich denke darum nicht, dass Trump 2024 noch die gleiche Ausstrahlung haben wird wie heute.
Welche Klagen warten auf Trump, wenn er die Immunität verliert?
Eigentlich hat Trump keine Immunität. Oft wird das so dargestellt, basiert aber lediglich auf der Einschätzung des Justizministeriums, dass man einen amtierenden Präsidenten nicht anklagen kann. Es gibt keine formelle Immunität, die Trump schützt. Ist er nicht mehr im Amt, gilt er juristisch wieder als normaler Bürger, der sich vor Gericht verantworten muss – und verteidigen kann, wenn es Vorwürfe gibt.
Und da gibt es einige: Die Steuergeschichte in New York ist interessant, weil die Fahnder schon viel in der Hand haben sollen. Diesen Ermittlungen kann Trump sich dann auch nicht durch eine Begnadigung entziehen. Er hat in den letzten Wochen ja diverse seiner Mitstreiter so freigesprochen. Er soll auch mit dem Gedanken spielen, seine Familie oder sogar sich selber in den letzten Tagen zu begnadigen. Das ist möglich – ob es dann gültig ist, werden Gerichte entscheiden müssen. Das würde notabene aber nur für Vergehen auf Bundesebene gelten und nicht für solche, für die der Staat New York zuständig ist.
Wie viel Rückhalt hat Trump in seiner Partei noch?
Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Wir hören nun ungewohnte Aussagen von einzelnen gewählten Republikanern, die viel Trump-kritischer sind als bisher. Dass er bald nicht mehr Präsident ist, spielt hier sicher auch eine grosse Rolle. Andererseits gibt es mehrere Umfragen, die zeigen, dass die republikanische Basis noch stark zu Trump hält. Viele seiner Wähler finden, dass es nicht seine Schuld sei, was am Kapitol passiert ist. Sie stehen nach wie vor hinter ihm.
In der Parteistruktur, namentlich im Republican National Committee, sitzen immer noch Trump-Loyalisten, die Vorsitzende wurde soeben im Amt bestätigt. Die Republikaner sind also nach wie vor die Partei von Donald Trump. Es gibt zwar gewisse Republikaner, die sich jetzt distanzieren. So oder so werden die nächsten Wochen zeigen, ob Trump noch immer der dominante gemeinsame Nenner für die Republikaner ist – oder ob es einen neuen Entwurf gibt, wofür die Grand Old Party steht.
Hat ein Impeachment nicht vor allem Symbolcharakter?
Ja. Es ist ein primär ein Zeichen, das die Demokraten hier setzen wollen. Die Frage sei darum erlaubt, ob Symbolpolitik dieser Krise jetzt wirklich gerecht wird. Momentan haben die Demokraten aber schlicht nicht viele andere Mittel zur Hand. Reizvoll ist aus ihrer Sicht in erster Linie, Trump als einzigen Präsidenten abzustempeln, der zweimal «impeached» wurde. Zudem könnte man ihm die Möglichkeit verwehren, 2024 nochmals anzutreten.
Dies kommt bei der Trump-Basis und vielen Republikanern selbstredend nicht gut an. Die Demokraten im Kongress sehen sich aber umgekehrt mit einem grossen Druck der eigenen Basis konfrontiert, die vehement Konsequenzen für Trumps Verhalten fordert. Ich denke allerdings nicht, dass die neue Regierung um Joe Biden gross Freude daran hat: Donald Trump bleibt im Zentrum des Geschehens, auch nach seinem Abtritt nächste Woche. Biden hätte sicher lieber einen sauberen Neustart vollzogen.